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EU-Forderungen bringen Ausländerquote an HSG unter Druck

EU stellt neue Forderungen für ihre Studenten an Schweizer Unis: Geraten Ausländerregeln der HSG unter Druck?

 

Neue Forderungen der EU stellen die Quote und höhere Gebühren für ausländische Studenten an der Uni St.Gallen in Frage.

 

In den laufenden Verhandlungen der Schweiz mit der Europäischen Union über ein bilaterales Paket hat die EU anscheinend neue Forderungen gestellt. Demnach sollen Studenten aus EU-Ländern ungehinderten Zugang zu Schweizer Universitäten erhalten und nicht mehr mit höheren Gebühren diskriminiert werden: Dies berichtete kürzlich das Portal «Nebelspalter», worauf die NZZ schrieb, dass damit die Universität St.Gallen (HSG) unter Druck komme.

Tatsächlich hat die HSG seit über 50 Jahren eine Ausländerquote von 25 Prozent und verlangt seit über einem Jahrzehnt von ausländischen Studenten höhere Gebühren. So zahlen Bachelorstudenten aus dem Inland pro Semester derzeit 1229 Franken, jene aus dem Ausland dagegen 3129 Franken, also zweieinhalb mal mehr.

 

Beides waren politische Beschlüsse: Die Ausländerquote wurde 1963 eingeführt, weil der Anteil ausländischer Studenten an der damaligen Hochschule St.Gallen überproportional gewachsen war. In der Diskussion um den Ausbau der HSG regte die Regierung mit Blick auf die Kostenentwicklung und Qualitätssicherung eine Beschränkung des Ausländeranteils auf 25 Prozent an. Und die höheren Studiengebühren für Ausländer wurden aufgrund der kantonalen Sparpakete namentlich 2012 beschlossen.

 

St.Galler Politik noch nicht alarmiert

 

Was würde die EU-Forderungen für die St.Galler Uni bedeuten? Die HSG selber will die möglichen Verhandlungspositionen nicht kommentieren, zumal sie keinen Einblick habe. Ebenso verzichtet sie auf Stellungnahmen zu ersten Reaktionen, etwa aus dem ETH-Rat, und verweist auf das Primat der Politik.

 

Von Alarmstimmung kann beim Kanton als Eigentümer der Universität noch keine Rede sein. Die St.Galler Regierung habe keine Kenntnis über den Inhalt der Verhandlungen und über allfällige Forderungen der EU gegenüber Studierenden aus ihren Ländern an Schweizer Universitäten, sagt Bildungsdirektorin Bettina Surber. Die Regierung könne sich zum aktuellen Zeitpunkt denn auch nicht dazu äussern.

 

Anders als ihr Vorgänger, SVP-Regierungsrat Stefan Kölliker, ist die SP-Regierungsrätin als Vorsteherin des Bildungsdepartements nicht kraft ihres Amtes auch Präsidentin des Universitätsrats, sondern lediglich Mitglied. Dies hat mit dem neuen Unigesetz geändert. Das Präsidium ist aktuell noch nicht besetzt worden, interimistisch wird es von Vizepräsidentin Yvonne Suter geleitet.

 

«Hätte spürbare Folgen»

 

Der Universitätsrat verfolge «die aktuellen Diskussionen natürlich mit grossem Interesse», sagt die Mitte-Kantonsrätin und HSG-Absolventin. «Denn es ist klar, dass eine allfällige Aufhebung der Ausländerquote und oder die Senkung der Gebühren für EU-Staatsangehörige spürbare Auswirkungen hätte für die HSG und den Kanton.» Zum einen wäre laut der langjährigen Uniratsvertreterin «mit möglicherweise erheblichen Kostenfolgen zu rechnen, zum anderen würden sich auch Fragen betreffend Ausrichtung der HSG stellen».

Jedoch betont auch Yvonne Suter, dass die HSG weder direkt involviert noch einen vertieften Einblick in die Verhandlungen habe. «Fundierte Aussagen können wir zum jetzigen Zeitpunkt deshalb nicht machen», meint Suter. «Sollten konkrete Verhandlungsergebnisse vorliegen oder absehbar werden, werden wir uns sicher vertieft mit ihnen befassen und in geeigneter Weise aktiv werden.»

 

SVP-Nationalrat Michael Götte, der als Uniratsmitglied derzeit auch co-präsidiale Aufgaben übernimmt, verweist auf die Klausurtagung des Unirats Ende August. «Die Verhandlungen mit der EU werden da Thema sein, sofern wir weitere Signale aus Bern und Brüssel erhalten.» Götte macht aus seinem Standpunkt für die Ausländerregeln der HSG kein Geheimnis – seine Partei hat im Kantonsrat schon mehrere Vorstösse für höhere Gebühren für ausländische Studenten gemacht.

 

«Bisher keine Probleme mit St.Galler Lösung»

 

Der St.Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth beschäftigt sich als Mitglied der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) mit der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) in den Jahren 2025–2028. Die Kommission beschloss im Juni das ETH-Gesetz; sie will die Studiengebühren für ausländische Studierende um mindestens das Zweifache erhöhen. Würth gehört zur knappen Kommissionsminderheit, die dem Beschluss des Nationalrates für eine dreifache Erhöhung folgen will. Der Ständerat behandelt das Geschäft in der Septembersession.

Er sehe mit Blick auf die Gesamtkosten keine Diskriminierung, wenn die Studiengebühren für sogenannte Bildungsausländer höher sind, sagt Ständerat Würth.  «Angesichts der erheblichen Finanzierung der Studiengänge durch Steuern aus der Schweiz sind die höheren Studiengebühren gerechtfertigt», sagt er. «Die Gebühren decken immer noch einen kleinen Teil der Gesamtkosten eines Studienplatzes.»

 

Auch Benedikt Würth hat keine Kenntnis vom Inhalt der Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel. Sollten die angeblichen Forderungen seitens der EU für eine Abschaffung der Quoten und höherer Gebühren für Ausländer zutreffen, gehe er davon aus, dass die EU dieses Thema aus taktischen Gründen lanciert habe: «Es ist, Stichwort Brain drain, überhaupt nicht in ihrem Interesse, dass immer mehr Studierende aus der EU in der Schweiz sind.»

 

Aktuell ist im Freizügigkeitsabkommen der Zugang zu Schweizer Universitäten und Hochschulen nicht geregelt – auch nicht die Frage der Gebühren. Darin heisst es lediglich, dass Studenten aus der EU in der Schweiz sein dürfen, wenn sie keine Sozialhilfe beanspruchen. «Die Schweizer Universitäten sind deshalb frei, für Studenten aus der EU höhere Gebühren zu verlangen», erklärt Würth. «Und darum gab es bis anhin auch keine Probleme mit der St. Galler Lösung.» Die Ausländerregeln der HSG, speziell auch die Quote, seien statthaft.

 

Sollte die Ausländerquote aufgehoben werden, müsste die HSG mit mehr ausländischen Studenten rechnen, wie die HSG-Medienstelle auf Nachfrage schreibt. Dadurch würden zusätzliche Kosten entstehen, die vom Kanton gedeckt oder von der HSG durch selbsterwirtschaftete Mittel finanziert werden müssten. «Beide Möglichkeiten sind derzeit kaum umsetzbar», meint die Medienstelle. Und da im Fall von Bildungsausländern auch keine interkantonalen Ausgleichszahlungen geleistet werden, «wäre die zusätzliche Finanzierungslast besonders gravierend».

 

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