Skip to content

«Ich bin kein Listenfüller»

Interview im Tagblatt vom 15. August 2019

 

SVP-Politiker Michael Götte erhofft sich ein gutes Resultat für die Nationalratswahlen. Langweilig ist es ihm aber auch in Tübach nicht. Tübachs Gemeindepräsident will in den Nationalrat. Auch im 1447-Seelen-Dorf hat er alle Hände voll zu tun. Über Listenfüller, Ärger bei der Turnhallensanierung und schulergänzende Massnahmen.


Statt einen Gastredner einzuladen, haben Sie am Nationalfeiertag selber das Wort ergriffen und vor Politikverdrossenheit gewarnt. Hören Sie sich gerne reden?

Michael Götte: Nein, das nicht. Wir haben immer wieder Gastredner, aber in Tübach ist der Feiertag vor allem ein Fest für Familien. Meine Ansprachen sind jeweils auch sehr kurz. Eine Rede gehört einfach zur 1.-August-Tradition, genauso, wie der Lampionumzug oder die Nationalhymne zu singen.


Sie kandidieren für den Nationalrat. Was erwarten Sie?

Mein Ziel ist, ein möglichst gutes Resultat erzielen. Nach 13 Jahren als Gemeindepräsident, 16 Jahren im Kantonsrat und zehn Jahren als Fraktionspräsident, will ich etwas neues wagen. Meine Kandidatur ist aber alles andere als ein Spontanentscheid. Ich bin kein Listenfüller.


Müssen sich bestehende SVP-Nationalräte vor Ihnen in Acht nehmen?

Nein, ich gehe schon davon aus, dass unsere Bisherigen wieder gewählt werden. Möglich wäre, dass ich allenfalls einen Platz beerbe, wenn es in der kommenden Legislatur zu einer Veränderung kommt. Deshalb ist ein gutes Resultat wichtig.


Wie sehen Sie Ihre Chancen?

Ein guter Ersatzplatz sollte möglich sein. Allgemein habe ich das Gefühl, dass bei dieser Wahl ein gewisser Umbruch stattfinden wird. Es gibt mehr Dynamik und nicht alles, was bisher sicher war, gilt als gesetzt. Das kommt auch von einer gewissen Politikverdrossenheit. Und: Verschiedene Politiker haben die Nähe zur Bevölkerung verloren. Weiter spielen Köpfe heute eine wichtigere Rolle als Parteilisten.


Sie rechnen also mit Überraschungen im Oktober?

Es wird sicher ein etwas anderer Wahlkampf sein. Ohne Bekanntheit wird es aber schwierig, in den Nationalrat zu kommen. Die typische Ochsentour, also von der kommunalen zur kantonalen Politik und dann nach Bundesbern, ist nicht mehr nötig. Ich bin diesen Weg gegangen und jung in die Politik eingestiegen. Ich hatte damals aber nie das Ziel vor Augen, Nationalrat zu werden. Ich hoffe dennoch, dass die Wähler Wert auf einen Leistungsausweis legen.

Welche Strategie verfolgen Sie im Wahlkampf?

Ich werde mich nicht verbiegen, sondern bringe mich so ein, wie ich bin. Konkret setze ich auf Plakate, Inserate und Social Media, unter anderem mit einer parteiübergreifenden wöchentlichen Gesprächsrunde auf Facebook. Eine Joggingtour durch den Kanton, wie bei meiner Kandidatur für den Regierungsrat, werde ich nicht machen – nicht, das dies meine Fitness nicht mehr zulassen würde. Aber der Nationalratswahlkampf bietet eine andere Ausgangslage. Man tritt als einer von vielen an. Parteiübergreifende Arbeit, Konsensfähigkeit und Weitsicht gehören zu meinen Stärken. Umweltschutz und Energiethemen gehören ebenfalls zu diesem Wahlkampf. Ich zeige diesbezüglich auf, wie ich mich bereits seit Jahren in diesen Fragen engagiere. Den Umweltschutz werde ich nicht neu erfinden.


Sie spielen nicht die Umweltschutz-Karte aus?

Im Bereich erneuerbare Energien müssen wir etwas tun, das ist unbestritten. Ich bin aber für vernünftige Förderung. Als Geschäftsführer der Energieagentur des Kantons St.Gallen bin ich aber auch der Meinung, dass Unterstützung dort passieren muss, wo sie der Umwelt etwas bringt. Wir sollten weniger Energie verbrauchen, statt immer mehr Fördergelder zu sprechen. Ich unterstütze ein Energiekonzept, das für die Wirtschaft verkraftbar ist. Wir haben hier Industriebetriebe, die auf viel Energie angewiesen ist. Wenn wir diese Betriebe über die Kosten kaputtmachen, produzieren sie in China. Deshalb müssen wir ihnen hier die richtigen Rahmenbedingungen bieten.


Wie treu sind Sie der Parteilinie?

Ich vertrete eine wirtschaftsliberale SVP-Politik. Ich war nie jemand, der das Parteiprogramm auf dem Nachttisch liegen hat, sondern sehe die Dinge differenziert. Als Fraktionspräsident ist es meine Aufgabe, parteiübergreifend zu arbeiten. In den wesentlichen Punkten bin ich aber mit den Positionen der SVP einig.


Das Restaurant auf der Sportanlage Kellen wird seit Frühjahr vom FC Rorschach-Goldach 17 betrieben. Während der Sommerferien hatte das Lokal geschlossen. Wie kommt das bei den Tübachern an?

Der Betrieb des Restaurants ist Sache des Zweckverbands, nicht der Gemeinde. Aufgrund des Standorts ist das Restaurant bei der Tübacher Bevölkerung beliebt. Ich habe seit der Pachtübernahme fast keine Reklamationen erhalten.


Ihre drei Kinder sind im Kindergarten- und Primarschulalter. In Steinach tritt der Präsident unter anderem zurück, um seine Kinder aus dem Rampenlicht zu ziehen. Können Sie das nachvollziehen?

Ja, klar ist das ein Thema. Meine Situation ist aber eine andere als jene von Roland Brändli in Steinach. Als Person, die schon oft im Rampenlicht stand, bewege ich mich zusammen mit meiner Frau und unseren Kindern in einem sehr politischen Umfeld. Zudem treffen wir alle Entscheidungen betreffend Kandidaturen gemeinsam als Familie und beziehen auch die Kinder mit ein.


Wird es Ihnen nach all den Jahren als Gemeindepräsident langweilig?

Nein, definitiv nicht, auch wenn man denkt, man kennt mittlerweile alles: Es kommen jeden Tag neue Arbeiten auf einen zu. Weiter bringen meine Nebenbeschäftigungen, zum Beispiel als Vizepräsident bei der Regio Appenzell-St.Gallen-Bodensee oder bei der Energieagentur, viel Abwechslung.


Wie sieht ein typischer Tag im Leben von Michael Götte aus?

Den gibt es nicht. Ich pendle viel, bin oft an Sitzungen. Täglich bin ich im Gemeindehaus, oft beginne ich dort den Tag so gegen 6 Uhr morgens und habe Sitzungen bis am späten Abend.

Ist die Mehrzweckhallen-Sanierung mittlerweile geglückt?

Das war eine riesen Sache fürs Dorf. Der Umbau gestaltete sich als sehr viel schwieriger, als ein Neubau zu erstellen. Zwar konnte der Turnunterricht zum geplanten Termin wieder in der renovierten Halle starten, die Umgebungsgestaltung zog sich aber hin. Beinahe zur Verzweiflung gebracht haben mich Fassadenelemente, deren Lieferung sich stark verzögerte. Wir rechnen mit Mehrkosten, unter anderem auch, weil ein Aushub Überraschungen, konkret Beton, mit sich brachte. Durch den Brand zu Beginn der Arbeiten mussten zusätzliche technische Elemente ersetzt werden.

Auf der Zentrumswiese wird rege gebaut.

Wir sind froh, dass das Projekt nach einer langen Vorgeschichte nun endlich starten konnte. Derzeit finden Verhandlungen über das Erdgeschoss statt, das aus Sicht der Gemeinde einem öffentlichen Nutzen dienen soll. Ideal wäre, den Dorfladen dort unterzubringen. Dazu sind noch immer Gespräche im Gang. Irgendwann finden wir uns mit den Eigentümern punkto Preis – und die Bürger entscheiden, ob die Gemeinde das Lokal kaufen soll.


Welchen Herausforderungen muss sich die Gemeinde in nächster Zeit stellen?

Wir haben eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die schulergänzende Massnahmen, zum Beispiel Mittagstisch oder Kita, überprüfen. Ende Jahr sollen aktuelle oder mittelfristige Verbesserungen besprochen werden. In diesem Bereich wurde immer dann etwas gemacht, wenn es dringend nötig war. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, den Bedarf für die Zukunft anzuschauen.

Weitere News

An den Anfang scrollen