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Neue Transparenzregeln: So viel Geld investieren St.Galler Kandidierende in ihren Wahlkampf

In diesem Wahljahr müssen Kandidierende und Parteien erstmals ihre Geldgeber offenlegen. Eine Umfrage nach Ablauf der Meldefrist zeigt: Die beiden St.Galler Ständeräte und ein Unternehmer verfügen über die vollsten Wahlkampfkassen.

Geld ist im Wahljahr zwar nicht alles, doch mit einer gut gefüllten Kasse lässt es sich leichter kämpfen. Ab diesem Jahr müssen Parteien und Kandidierende erstmals offenlegen, wie viel Geld sie erhalten. So sehen es die neuen Transparenzregeln vor, die das Parlament 2021 verabschiedet hat.

 

Bis am Freitag hatten die Nationalratskandidatinnen und Nationalratskandidaten Zeit, ihre Wahlkampfbudgets über 50’000 Franken und Grossspenden ab 15’000 Franken auf der Website der Eidgenössischen Finanzkontrolle zu melden. Allerdings waren bis gestern im Register erst die Meldungen von vier St.Galler Kandidierenden veröffentlicht. Die Finanzkontrolle muss die Meldungen zuerst prüfen und wird sie bis zum 22. September aufschalten.

 

Finanzkräftige Ständeräte
Diese Zeitung hat deshalb alle bisherigen St.Galler National- und Ständeräte sowie alle Ständeratskandidierenden nach ihren Budgets gefragt – und von allen eine Antwort erhalten.

 

Die Umfrage zeigt: An der Spitze der Rangliste stehen die bisherigen Ständeräte mit einem Budget von 100’000 Franken. Allen voran Benedikt Würth (Mitte), der davon ausgeht, dass seine Wahlkampfkosten diesen Betrag nicht übersteigen werden. Ebenso Esther Friedli (SVP), die im Frühjahr neu ins Stöckli gewählt wurde und mit einem ähnlichen Betrag rechnet. Beide haben ihre Beträge freiwillig gemeldet, denn Mitglieder des Ständerats müssen ihre Aufwendungen erst nach den Wahlen deklarieren.

 

Noch üppiger war der Mitteleinsatz bei den Ständeratsersatzwahlen im Frühling, als es um die Nachfolge von Paul Rechsteiner ging. Esther Friedli verfügte damals über ein Budget von 150’000 Franken. SP-Konkurrentin Barbara Gysi kam auf einen Betrag von 120’000 Franken.

 

Nur Dobler kann mithalten
Ein Nationalrat kann es allerdings mit der Finanzkraft der Ständeräte Würth und Friedli aufnehmen. Der Unternehmer und FDP-Nationalrat Marcel Dobler plant ebenfalls mit einem Budget von 100’000 Franken. Davon stammen 75’000 Franken aus der eigenen Tasche. Dobler war einer der ersten Namen, die im neuen Transparenzregister der Finanzkontrolle auftauchten.

 

Auf die Top 3 folgt ein weiteres finanzkräftiges Trio: Nicolò Paganini (Mitte) mit 90’000 Franken, Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP) mit 75’000 Franken und Michael Götte (SVP) mit 65’000 Franken. Nicolò Paganini, ehemaliger Olma-Direktor und heutiger Präsident des Schweizer Tourismus-Verbandes, gibt an, dass rund 64’000 Franken seines Budgets aus kleinen und mittleren Spenden bestehen. Vom Schweizer Gewerbeverband erhalte er nicht monetäre Leistungen in der Höhe von rund 17’000 Franken, 5000 Franken bezahle er aus der eigenen Tasche.

 

Bürgerliche Kandidierende dominieren die Rangliste
Susanne Vincenz-Stauffacher erhält Spenden in der Höhe von 25’000 Franken, nicht monetäre Leistungen von 20’000 Franken und 30’000 Franken bezahlt sie selber. Komfortabel ausgestattet ist auch Michael Götte, der im Frühjahr für SVP-Parteikollegin Esther Friedli in den Nationalrat nachrücken konnte. Seine Wiederwahl versucht er offenbar auch mit einer gut gefüllten Wahlkampfkasse zu sichern: mit Spenden in der Höhe von 50’000 Franken, mit 3000 Franken nicht monetären Zuwendungen und mit 12’000 Franken eigenen Mitteln.

 

Auf den ersten sechs Plätzen dominieren bürgerliche Kandidatinnen und Kandidaten, die deutlich mehr Geld ausgeben als ihre links-grünen Konkurrentinnen und Konkurrenten. Das überrascht nicht: Als selbstständige Unternehmer können sie teilweise mehr private Mittel lockermachen oder haben über ihre Ämter oder Mitgliedschaften in Wirtschaftsverbänden ein finanzkräftiges Netzwerk im Rücken.

 

Ritter: «Mein Bekanntheitsgrad ist bereits sehr hoch.»
Neben den Kandidierenden müssen neu auch die Parteien ihre Wahlkampfausgaben offenlegen. So zum Beispiel die St.Galler Grünen, die für die National- und Ständeratswahlen rund 146’000 Franken ausgeben. Die Grünen treten mit 48 Kandidierenden auf vier Listen an. Deshalb sei eine Abgrenzung der Wahlkampfausgaben nach Kandidierenden nicht praktikabel, betont Ständeratskandidatin Meret Grob, die auch für den Nationalrat kandidiert. «Wir machen in erster Linie Wahlwerbung für unsere Listen und nicht für einzelne Kandidierende.»

 

Im Kampf um die Wählergunst ist Geld ohnehin nicht alles. So geht Stefan Hubschmid von der Gruppierung Parteifrei SG mit einem Budget von «0.00 Schweizer Franken» ins Rennen und konzentriert sich als «Beobachter der gesellschaftlichen Entwicklungen» auf den Wettstreit der Ideen. Er sagt: «Wenn ich etwas benötige, dann zahle ich es selbst.» Und dann gibt es noch jenen Glücklichen, der keine zusätzliche Werbung mehr braucht. Sein Wahlkampfbudget liege deutlich unter den fest gelegten Grenzwerten, betont Mitte-Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter. Der Grund: «Mein Bekanntheitsgrad ist bereits sehr hoch.» Er werde seine Kampagne deshalb auf eine Schlussmobilisierung konzentrieren.

 

Originalartikel: Tagblatt, 08.09.2023 (Michael Genova)

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