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Der Rapperswil-Joner Stadtpräsident Martin Stöckling wird herausgefordert

Bekommt Rapperswil-Jona eine neue Königin? Stadtpräsident Martin Stöckling wird herausgefordert – was Verleger Bruno Hug damit zu tun hat

 

Barbara Dillier steht vor dem Restaurant Krone in Wagen, einem Ortsteil von Rapperswil-Jona. Auf dem Stehtisch stapeln sich Flyer, vor der Fassade hängen hochwertige Plakate, die auch an einer Messe stehen könnten. Die 51-Jährige trägt Blazer und Anzughose. Bei einem Staatsempfang würde sie nicht weiter auffallen. An diesem Freitagabend empfängt sie erst einmal ein paar Einwohnerinnen und Einwohner von Rapperswil-Jona.

 

Sie tourt in den nächsten Wochen durch die Quartiere der Stadt. Die Parteilose will am 22. September zur Stadtpräsidentin gewählt werden. Trotzdem geht es häufig auch um jemand anderes, wenn sie auftritt: um den Verleger Bruno Hug. So war es auch vor zwei Wochen, als Dillier bei einem Talk zu Gast war.

 

Noch bevor sie die Bühne betrat, sagte der Moderator lächelnd: «Ich bin nicht von einem Verleger beauftragt worden, um zu moderieren. Es ist wichtig, dass man das am Anfang klar deklariert.» Hug brachte Dillier ins Spiel Viele verbinden Dillier mit Hug, weil er der Grund ist, weshalb sie überhaupt antritt. Vor zwei Jahren ging er auf die Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten für das Stadtpräsidium. Man machte ihn auf Dillier aufmerksam, die seit 2018 die Zürcher Gemeinde Fischenthal präsidiert und häufig in Rapperswil-Jona verkehrt, wo ihr Mann 30 Jahre gelebt hat.

 

Hug rief sie an, die beiden telefonierten mehrere Stunden lang. Dann organisierte Hug ein Treffen bei sich zu Hause. Eingeladen waren neben Dillier auch Vertreterinnen und Vertreter einiger Ortsparteien. Ein Kennenlernen. Dillier war nicht Hugs einzige Option.

 

Er befasste sich auch mit anderen Gemeindepräsidenten, darunter mit jenem aus Tübach: dem SVP-Nationalrat Michael Götte. Hug sagt, er habe Götte in jener Zeit angerufen und er sei «nicht uninteressiert» gewesen. Dabei ist es nicht so, dass man sich solche Namen hinter vorgehaltener Hand zuflüstert, im Gegenteil. Hug verbreitet sie höchstpersönlich. Im März veröffentlichte sein Gratisportal «Linth24» ein gedrucktes Magazin, in welchem Hug von seinem eigenen Medium interviewt wird.

 

Dort erzählte er freimütig, wie das Kennenlernen mit Dillier verlief – mehrere Wochen vor der offiziellen Bekanntgabe ihrer Kandidatur. Stöckling und Hug waren Verbündete Mit «Linth24» berichtet Hug nicht nur «auffallend positiv» über Dillier, wie die «Linth-Zeitung» vor einem Monat festgestellt hat. Er berichtet vor allem negativ über den aktuellen Stadtpräsidenten, über Martin Stöckling. Hug will ihn loswerden. Die Geschichte der beiden ist bekannt wie spektakulär: Früher arbeitete Stöckling als Anwalt von Hug.

 

2015 kämpften die beiden Seite an Seite gegen die Einführung des Stadtparlaments – Stöckling als Mitglied der örtlichen FDP und Hug als, nun ja, als was denn eigentlich? Als bis heute eigentümliche Mischung aus Journalist und Strippenzieher. Dasselbe im Jahr darauf, als sich im Rapperswil-Joner Politbetrieb der Eindruck verfestigte, dass Stadtpräsident Erich Zoller nicht mehr der Richtige sei. Bruno Hug, ehedem Chef der «Obersee Nachrichten», war in jener Zeit ein wichtiger Ansprechpartner für Vertreterinnen und Vertreter der Ortsparteien – und damit auch für Stöckling, der damals Präsident der örtlichen FDP-Sektion war. Diskutiert wurde offenbar auch eine Gegenkandidatur, um die Wiederwahl des Bisherigen zu verhindern. Schliesslich trat Hug selbst an und holte im ersten Wahlgang überraschend die meisten Stimmen.

 

Weil sich Hug aber vor dem zweiten Wahlgang zurückzog, sprang Stöckling in die Bresche und wurde gewählt. In Rapperswil-Jona sind viele der Meinung, Hug habe sich auf Stöckling eingeschossen, weil er geglaubt haben soll, Stöckling sei ihm nun etwas schuldig. Sicher ist: Als Stadtpräsident handelte Stöckling nicht nach Hugs Geschmack. Die Tonalität von Hug Hug will nichts von einem Bruch zwischen ihm und Stöckling wissen. Dass er nach Alternativen zu Stöckling gesucht hat, erachtet er als Recht und Pflicht eines interessierten Bürgers.

 

Und ein interessierter Bürger, das ist Hug gewiss. Wenn man ihn trifft, kann es durchaus sein, dass er anfängt, Umrisse auf ein Tischset zu zeichnen. Von der neuen Eishalle etwa. Oder vom Lido-Areal, über dessen Projektierungskredit die Bürgerversammlung im Juni abstimmen wird. Darüber hat Hug in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahre viele Texte geschrieben, die in Teilen über Kritik hinausgehen.

 

Ein bisschen ist es, als würde Hug immerzu schreien. Was er sagt und schreibt, wirkt laut und emotional. Doch dann und wann hat er einen Punkt. Bloss schreit er bisweilen so laut, dass manche nicht mehr zuhören können. Rapperswil-Jona ist ein Teenager Das Lido-Areal ist indes ein gutes Stichwort.

 

Vor über vier Jahren sollte eigentlich die neue Badi gebaut werden, die Baubewilligung lag vor. Doch kurz vor Baubeginn entzog der Stadtrat dem Bauchef das Dossier und übergab es in die Hände von Stöckling. Kurze Zeit später brach der Stadtrat die Übung komplett ab, weil die Kosten höher waren als gedacht. Gemunkelt wird, Stöckling habe sich damit die Wiederwahl sichern wollen, denn der Bauchef wurde nach der Degradierung abgewählt. Darauf angesprochen sagt Stöckling: «Der Stadtrat hat als Gremium entschieden, dass ich die Oberaufsicht über das Projekt übernehme.

 

Abgebrochen wurde es dann auch durch einen gemeinsamen Beschluss des Gesamtstadtrates, weil es teurer wurde und die weiteren Kosten nicht mehr absehbar waren.» Stöckling erzählt das in aller Gelassenheit; er gibt sich zugänglich, ist redegewandt. Im Falle der Wiederwahl soll einer seiner Schwerpunkte die «Stadtwerdung» sein. Rapperswil und Jona sind 2007 – übrigens auch dank Hug – zur zweitgrössten Stadt des Kantons verschmolzen. Die Fusion ist noch ein Teenager, Stöckling spricht von «Wachstumsschmerzen».

 

Er will die Infrastruktur verbessern und auch ein «städtisches Selbstverständnis» etablieren. Zu hören ist, dass sich Stöckling entwickelt hat und heute eher «Diener des Volkes» sei als zu Beginn. «Ich wollte früher oft mit dem Kopf durch die Wand. Ich habe gemerkt, dass ich meine Art des Politisierens verändern muss», sagt Stöckling. Ob es zur Wiederwahl reicht? Vor vier Jahren gab es keinen Gegenkandidaten und doch wurden viele leere Stimmzettel eingeworfen.

 

«Ich bin unabhängig» Oder setzt sich Boris Meier, der Kandidat der GLP, durch? Oder Dillier? Sie hat früh mit dem Wahlkampf begonnen und scheint über die notwendigen finanziellen Mittel zu verfügen. Auch dank Hug? «Nein. Das hätte ich auch nicht gewollt. Ich bin in der glücklichen Lage, dass mein Mann und ich diesen Wahlkampf selber finanzieren können. Und auch Spenden sind schon eingegangen», sagt Dillier.

 

Man meint, bei Dillier ein Augenrollen zu erkennen, wenn sie nach Hug gefragt wird. «Man versucht immer, mich in diese Ecke zu drängen. Aber ich bin unabhängig», sagt sie. Dieses Hug-Geraune wird ihr wohl auch nicht gerecht. Ihre Tonalität entspricht nicht der von Hug.

 

So verzichtet sie zum Beispiel darauf, Stöckling öffentlich zu kritisieren. Sie sagt stattdessen, sie wolle «das Potenzial von Rapperswil-Jona noch besser ausschöpfen» und «visionär denken». Ausserdem hat sich Dillier in der Vergangenheit auch ohne Hugs Beisein mit den Ortsparteien ausgetauscht und Kontakte geknüpft. Dillier hat Sport- und Sprachwissenschaften studiert, eine Zeit lang in London gelebt und arbeitet nicht nur als Gemeindepräsidentin von Fischenthal, sondern auch als Schulleiterin in Bauma, jeweils in einem 50-Prozent-Pensum. Als Nachteil könnte sich die bescheidene Einwohnerzahl von Fischenthal herausstellen, wo rund 2500 Menschen leben.

 

In Rapperswil-Jona leben über zehnmal mehr Menschen. Auch hat es Dillier bisher nicht geschafft, sich ein klares Profil zu verpassen, wenngleich eine liberale Färbung durchdrückt. Besonders ist übrigens ihr Nachname. Das Dillier-Familienwappen findet sich seit 1709 auf einer Butzenscheibe im Rathaussaal der Ortsgemeinde Rapperswil. Es passt irgendwie zu Rapperswil-Jona mit seinem Schloss, mit dem König Stöckling und dem Schattenkönig Hug.

 

Im September wählt die zweitgrösste Stadt des Kantons seine Regierung. Der amtierende Stadtpräsident, FDP-Kantonsrat Martin Stöckling, will bleiben. Aber er muss sich gegen Boris Meier von der GLP und die parteilose Barbara Dillier durchsetzen. Ortstermin. Wahlkampf Hug brachte Dillier ins Spiel Stöckling und Hug waren Verbündete Die Tonalität von Hug Rapperswil-Jona ist ein Teenager «Ich bin unabhängig» Renato Schatz Martin Stöckling ist seit 2016 Stadtpräsident von Rapperswil-Jona.

 

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