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Energieförderung in der Region St.Gallen-Rorschach

Immer mehr Gemeinden ziehen Förderbeiträgen für «grüne» Energien den Stecker oder ändern das Reglement, weil die Fonds überlastet sind. Eine Übersicht über die Wahlkreise St.Gallen und Rorschach.

 

Die Energiefonds, die viele Gemeinden führen, haben ein Ziel: die Förderung von erneuerbaren Energien und damit die Reduktion des CO2-Ausstosses. Doch zurzeit ist vieles im Umbruch; Gemeinden der Region St.Gallen-Rorschach streichen Massnahmen aus den Fonds. Der Hauptgrund: Die Anzahl der Gesuchseingaben und damit die zu fördernde Anzahl Projekte sprengen da wie dort den Fonds.

 

Die Fondsgelder sollen als Anschubfinanzierung dienen. Ist ein Produkt im Markt etabliert und der Anschaffungspreis tiefer – wie bei E-Autos oder Solarpanels – stellt sich die Frage: Ist das noch eine Anschubfinanzierung? Genau an diesem Punkt befindet sich so manche Gemeinde in der Region St.Gallen-Rorschach derzeit.

Gemeinden mit Reglementänderungen

 

Die Gemeinde Untereggen will dieses Jahr das Förderreglement für Solar- und Photovoltaikanlagen überarbeiten, da das Kontingent für 2022 bereits im September 2021 aufgebraucht war. Die Gemeinde unterstützt momentan Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Letztere auch mit einer Einspeisevergütung von 10 Rappen. Die Gemeinde Wittenbach streicht gleich mehrere Massnahmen wie Elektrofahrzeuge, Solaranlagen und Wärmepumpen.

 

Der Energiefonds von Gaiserwald – geschaffen 2010 – ist einer der ältesten in der Region. Die kürzlichen Änderungen ergaben sich aufgrund der Anpassungen des Kantons. Neu wird die Umrüstung auf eine Wärmepumpe mit Erdsonde mit einem pauschalen Betrag gefördert – zusätzlich zum Kantonsbeitrag. «Für Neubauten gibt es keine Förderung mehr, da hier Wärmepumpen zum Standard geworden sind», sagt Gemeindepräsident Boris Tschirky. Zudem wurden Ladestationen für E-Fahrzeuge von der Förderliste gestrichen, weil der Kanton sie in sein Programm aufgenommen hat. Allerdings gibt es einen Gaiserwalder Beitrag, falls eine Verstärkung der elektrischen Zuleitung nötig wäre.

 

Das Reglement geändert hat auch Rorschacherberg. Aus dem Katalog gestrichen wurden per April die Wärmepumpen. Den Grund nennt Gemeindepräsident Beat Hirs: Nur ein Drittel der Hauseigentümer habe Fördergelder beantragt, der Rest ersetzte die Heizung sowieso.

 

Beat Hirs | Bild: Benjamin Manser

Neu werden Batteriespeicher gefördert. Laut Hirs stabilisieren diese das Stromnetz und tragen dazu bei, den Eigenverbrauch von PV-Anlagen zu optimieren. Ladeinfrastrukturen für E-Fahrzeuge bleiben weiterhin im Programm. Für das laufende Jahr sind 60’000 Franken für das Förderprogramm budgetiert. Anders als in vielen anderen Gemeinden werde die Energieförderung mit Steuergeldern finanziert. «Wir waren damals der Ansicht, dass es falsch sei, den Strom zu verteuern für solche Programme, da ja ein tiefer Strompreis etwa den Umstieg auf Wärmepumpen fördert.»

 

Steinach hat per März 2022 Ladestationen für E-Autos aus dem Programm genommen. Ansonsten unterstützt die Seegemeinde Projekte in den Bereichen Wärmepumpen, Sonnenkollektoren und PV-Anlagen, Holzheizungen, Gebäude- und Fenstersanierungen wie auch Energiechecks für KMU.

 

In Thal kommen in diesem Jahr zwei neue Massnahmen hinzu: Hausbatterie für Solarstromanlagen und Ladeinfrastruktur für E-Mobilität in Mehrfamilienhäusern.

 

Auf der Website von Waldkirch ist eine ganze Liste mit Förderungen aufgeschaltet. Der Fonds wurde 2016 geschaffen, im Rahmen der strategischen Ausrichtung und der Erlangung des Titels «Energiestadt», sagt Gemeindepräsident Aurelio Zaccari. Im Jahr 2021 seien 41 Gesuche bearbeitet worden, die Auslastung des Fonds liegt bei 90 Prozent. 2021 wurden dann Anpassungen vorgenommen; so wurden etwa Minergiesanierungen, Sonnenkollektoren oder Batteriespeicher gestrichen. Dies erfolgte im Rahmen der Anpassung an die geänderte Förderung von Bund und Kanton. Die nächste Anpassung kündigt Zaccari aus demselben Grund auf Anfang 2023 an.

 

Gemeinden mit Fonds

 

Goldach hat einen Energiefonds seit 2015. Daraus werden Projekte wie Massnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs, zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen und zur Sanierung und Erneuerung von Gebäuden gefördert sowie Energieberatungen finanziert. Doch die maximal 200’000 Franken, welche die Elektrizitätsversorgung in den Fonds einschiessen kann, reichten nicht mehr. Im September 2021 wurden deshalb die Beiträge an den Bau von neuen PV-Anlagen herabgesetzt.

 

 

Michael Götte, Gemeindepräsident Tübach. Bild: Michel Canonica

Tübach unterstützt nebst PV-Anlagen auch Fernwärmeanlagen. Gemeindepräsident Michael Götte sagt:

«Der Gemeinderat war und ist immer noch der Auffassung, dass zu den Förderungen seitens Bund und Kanton auch kommunale Akzente zu setzen sind.»

 

 

 

 

Der Häggenschwiler Fonds mit jährlich 60’000 Franken ist jeweils fast ausgelastet, sagt Gemeindepräsident Raffael Gemperle. Die letzte Anpassung wurde Ende 2021 vorgenommen. Die Förderung «Ersatz von Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen» wurde gestrichen, weil «Wärmepumpen mittlerweile fast schon Pflicht sind».

 

Jährlich werden 50’000 Franken aus dem laufenden Budget dem Energiefonds zugewiesen, sofern es die Gemeindefinanzen zulassen und der Betrag benötigt wird.

 

Die Stadt St.Gallen unterstützt Projekte in vielen Sparten. Jedoch hat die Stadt Anfang Jahr kommuniziert, die Anschaffung von E-Autos werde nur noch bis Ende Juli unterstützt. Rund die Hälfte der jährlich vier Millionen Franken wären nur für die E-Auto-Beiträge ausgegeben worden. Dafür ist ein Pilotprojekt für Ladestationen in der Erweiterten Blauen Zone lanciert worden. Auch Gossau krempelt den Energiefonds um. So sind Holzheizungen und Ladestationen in Mehrfamilienhäusern seit Februar aus dem Förderkatalog geflogen. Zudem wurde die Gesuchsbearbeitung ausgelagert.

 

Gemeinden ohne Fonds

 

Rorschach betreibt bereits seit zwei Jahren keine Energieförderung mehr. Damals wurde der eigene Stromtarif für Wärmepumpen abgeschafft. Laut Michael Marti, Leiter Technische Betriebe, wird derzeit ein neues Reglement ausgearbeitet.

 

Auch die Gemeinde Mörschwil hat derzeit keinen Energiefonds. Der Gemeinderat hat aber die Erarbeitung einer Energiestrategie beschlossen. Unter anderem sollen Fördermassnahmen geprüft werden. Gemeindepräsidentin Martina Wäger erwartet Ergebnisse im Verlaufe dieses Jahres.

 

Muolen hat ebenfalls keinen Fonds. Ein solcher sollte ursprünglich nach der Auflösung der Elektra per Anfang 2020 gebildet werden. Der Fonds wurde dann allerdings verworfen – mit der Begründung, es gebe anderweitig genügend Fördermittel.

 

Auch Berg SG fördert nicht zusätzlich. Einerseits werden erneuerbare Energien und Heizsysteme bereits durch den Kanton gefördert, begründet Gemeindepräsident Sandro Parissenti. Zum anderen seien sie bereits die Regel, weshalb aus Sicht des Gemeinderates keine weiteren Anreize nötig seien. Allerdings erhalten PV-Besitzerinnen und -Besitzer eine Einspeisevergütung von 10,5 Rappen/Kilowattstunde, was laut Parissenti «relativ viel» ist. Die Gemeinde Berg ist insofern auch speziell, als dass Solaranlagen dem ordentlichen Bauverfahren unterstellt sind. Dies, weil die Anlagen aufgrund der Topografie von Nachbarn gut einsehbar sind. Hingegen wird auf die Erhebung einer Gebühr verzichtet.

 

Eggersriet und Andwil haben zwar keinen Energiefonds, subventionieren aber die Einspeisung von Strom aus PV-Anlagen ins Netz. Konkret: Das Elektrizitätswerk beziehungsweise die Elektra bezahlt den Eigentümern für den Strom mehr als auf dem freien Markt. Die Gemeinde Eggersriet bezahlt etwa 3 Rappen zusätzlich pro Kilowattstunde. Beide Gemeindepräsidenten sind der Meinung, dass es für den Bau von Anlagen bereits genügend Fördermittel gibt.

 

Toni Thoma, Andwil, äussert sich auf Anfrage pointiert:

«Es kann nicht sein, dass die Bürger private Bauvorhaben von anderen Bürgern mitbezahlen.»

 

 

Toni Thoma, Gemeindepräsident Andwil. Bild: Urs Bucher

Er rechnet vor: «Jeder Stromkunde in der Schweiz bezahlt für die Förderung der erneuerbaren Energien 2,3 Rappen/kWh.» Demnach würden die Stromkunden der Elektra Andwil so pro Jahr rund 180’000 Franken in den Energieförderungstopf des Bundes bezahlen. «Es darf also erwartet werden, dass grundsätzlich die Förderung der erneuerbaren Energie durch den Bund erfolgt. Was ja auch geschieht.» Er persönlich findet es bedenklich, dass viele Politiker den Bürgerinnen und Bürgern glaubhaft machen wollen, dass kommunale Förderprojekte die Energieproblematik lösen können und spricht in diesem Zusammenhang von verschwendetem Geld. «Wir haben in der Schweiz einen gewaltig wachsenden Strombedarf, der nur effizient über grosse Anlagen wie Stauseen gedeckt werden kann.»

 

So fördert der Kanton

 

Gemeinden können zusätzlich zur kantonalen und nationalen Förderung kommunale Gelder sprechen. Doch was fördert der Kanton St.Gallen eigentlich? Für die Verteilung der Fördergelder ist die Energieagentur St.Gallen zuständig. Im Rahmen eines Leistungsauftrags bearbeitet das Unternehmen jährlich rund 3000 Gesuche und hat im Jahr 2021 31,5 Millionen Franken an Fördergeldern verteilt.

 

Ein Blick ins kantonale Förderprogramm zeigt, wie umfangreich es ist: Es sind vor allem Gebäudethemen wie Heizung (Gebäudetechnik) und Isolation (Gebäudehülle). Seit 2022 neu aufgenommen sind zudem Beiträge für Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Einstellhallen von Wohnbauten, vor allem von Mehrfamilienhäusern. «Mieterinnen und Mieter sollen einen besseren Zugang zu Lademöglichkeiten haben», sagt Philipp Egger, Geschäftsleiter. «Wer ein Elektroauto zu Hause nicht laden kann, wird sich auch kaum eines zulegen.»

 

Philipp Egger, Geschäftsleiter Energieagentur St.Gallen. Bild: PD

Pro eingesetztem kantonalen Franken gibt es vom Bund noch zwei obendrauf. Dies gilt für Fördermassnahmen aus dem harmonisierten Fördermodell (HFM 2015), das die Kantone vor sieben Jahren verabschiedet haben. Im Kanton St.Gallen sollen bis im Jahr 2030 die CO2-Emissionen um die Hälfte gesenkt werden im Vergleich zum Jahr 1990.

 

Da beim Heizen viel Energie verloren geht und immer noch viel CO2-Emissionen aus dem Gebäudepark an die Umwelt abgegeben werden – laut Egger rund 40 Prozent – sollen Anreize geschaffen werden, sowohl die Energieeffizienz der Häuser zu steigern als auch fossile Heizungen zu ersetzen. Ersteres kann etwa mit besserer Isolierung geschehen. «Noch immer sehe ich im Winter viele schneefreie Dächer», sagt Egger. Ein Zeichen dafür, dass Wärme verloren geht.

 

Egger sagt:

«Die Kombination von Photovoltaik und Wärmepumpe hat sich bereits durchgesetzt und wird die Gebäudetechniklösung der Zukunft sein.»

 

Mit Photovoltaik kann ein grosser Teil des benötigten Stroms von einer Wärmepumpe vor Ort generiert werden. Gemäss neuem Energiegesetz im Kanton St.Gallen, das seit 1. Juli 2021 in Kraft ist, müssen bei Neubauten bereits Solarpanels enthalten sein.

 

So hat der Kanton 2020 rund 10 Millionen Franken für Wärmepumpen gesprochen; obendrauf kommen noch 20 Millionen Franken vom Bund. Das Ziel: Bis Ende 2023 6000 fossile und Elektroheizungen im Kanton St.Gallen ersetzen. Die Zahl kann auf dem Internetauftritt verfolgt werden und steht derzeit bei über 2250.

 

Auf die Frage, warum man auf diese Heizmethode umsteigen soll, antwortet Egger: «Zwar sind ökologische Anlagen bei der Anschaffung teurer als herkömmliche, aber nebst den tieferen Energie- und Unterhaltskosten sowie Null-CO2-Ausstoss sind sie über die gesamte Lebensdauer gesehen günstiger.» Um die hohen Anschaffungskosten zu mindern, schlägt Egger gar ein Leasingsystem für Heizsysteme vor – analog dazu wie es bereits beim Kauf eines Autos möglich ist. Ausserdem böten derzeit verschiedene Banken Hypotheken für den Heizungsersatz an.

 

Egger schreibt auch der Branche eine Schlüsselrolle zu im Rahmen der Energiewende. «Schliesslich sind es die Installateure, die die Hauseigentümer beraten, Ein- und Umbauten machen und die Anlagen warten.» Über 230 Installateure und Energiebratende wurden durch die Energieagentur zu Impulsberatern ausgebildet. Mit einer kostenlosen Impulsberatung werden die Hauseigentümer, spezifisch auf ihr Gebäude bezogen, beraten, welches die beste erneuerbare Heizungslösung für ihr Haus ist.

 

 

Die Energieagentur hat deshalb in den vergangenen vier Jahren auch Photovoltaikaktionen in allen sechs Regionen des Kantons St.Gallen durchgeführt und dabei mit lokalen Anbietern zusammen gearbeitet. Dabei wurden über 910 PV-Anlagen auf Einfamilienhausdächern montiert. Egger nennt die wichtigsten Punkte für Hauseigentümer: PV-Anlagen sind heute für Hauseigentümer erschwinglich und das Thema soll einfach verständlich bleiben. Das gebe dann ein gutes Gefühl, selbst einen ökologischen Beitrag zu leisten.

 

Egger geht davon aus, dass der Strombedarf zunehmen wird, auch angesichts der mittlerweile beliebten E-Fahrzeuge. Hinzu kommt, dass PV-Strom keine Bandenergie ist, da die Anlagen in der Nacht und ohne Sonnenschein keinen Strom produzieren. Daher ist laut Egger die Zusammenarbeit mit Elektrizitätswerken wichtig. «Das Werk ist dann der Speicher für den dezentral produzierten Strom und zahlt dem Hauseigentümer für den eingespiesenen Strom zusammen mit dem Energiepreis den ökologischen Mehrwert (Herkunftsnachweis).»

 

Einige Gemeinden haben die Energieagentur St.Gallen beauftragt, die Gesuche zu bearbeiten. Sie sind – zusammen mit den kantonalen Fördermassnahmen – auf dem e-Förderportal ersichtlich. Dort kann auch gleich die Gesuchseingabe vorgenommen werden.

 

Quelle: Tagblatt 19.4.2022, Dinah Hauser / Bild: Gaetan Bally/KEYSTONE

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