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«Eine unnötige Steuer kann über sein oder nicht sein einer neuen Firma entscheiden»

Am 13. Februar stimmet das Volk über die Änderung des Bundesgesetz über die Stempelabgaben ab. «Steuerbschiss» und ein Geschenk an die Konzerne – so betitelt das Referendumskomitee die Vorlage. Die Befürworter hingegen sprechen von einer Entlastung für KMUs. Doch was steckt dahinter? Die «Bodensee Nachrichten» sprachen mit einem Befürworter und einem Gegner aus der Region.

 

Abstimmung Darum geht es bei der Vorlage: Unternehmen brauchen Kapital, um zum Beispiel Investitionen zu tätigen oder Verluste zu decken. Wenn ein Unternehmen Eigenkapital beschafft, indem es Aktien oder dergleichen ausgibt, erhebt der Bund eine Steuer: die Emissionsabgabe. Diese beträgt ein Prozent des aufgenommenen Kapitals. Die Steuer wird erst auf Beträgen über einer Million Franken erhoben. Bundesrat und Parlament wollen diese Emissionsabgabe – also die Stempelsteuer – abschaffen um den Wirtschaftsstandort Schweiz für Investoren attraktiver zu halten und die Unternehmen zu entlasten. Dagegen wurde von der SP, den Grünen und den Gewerkschaften das Referendum ergriffen. Sie sind der Meinung dass das Loch, welches sich durch die Abschaffung der Emissionsabgabe ergibt, das Volk stopfen muss. Im Interview stellen sich Jeannette Losa, St.Galler Kantonsrätin der Grünen, sowie der St.Galler SVP-Kantonsrat Michael Götte den Fragen zur Änderung der Stempelabgaben über welche das Schweizer Stimmvolk am 13. Februar abstimmen wird.

 

Der St.Galler SVP-Kantonsrat Michael Götte spricht im Interview mit den «Bodensee Nachrichten» über die Abschaffung der Stempelsteuer und erklärt, weshalb seiner Meinung nach eine Abschaffung der Steuer richtig ist.

 

Am 13. Februar 2022 stimmen wir über die Abschaffung der Emissionsabgabe ab. Können Sie uns an einem Beispiel veranschaulichen, wie sich die Emissionsabgabe für Unternehmen derzeit auswirkt?

Michael Götte: Nimmt ein Unternehmen Eigenkapital auf, fällt eine Stempelsteuer an: Wer eine Firma gründet oder deren Eigenkapital erhöht, muss unabhängig von der Rentabilität ein Prozent des neugeschaffenen Kapitals an den Bund entrichten. Damit werden Investitionen gehemmt und das Sparen bestraft. In Wahrheit ist dies eine «KMU-Steuer». Ihre Abschaffung liege daher im Interesse der kleinen und mittleren Betriebe – ein Geschenk für die ganz Grossen ist sie keineswegs.

 

Was ist für Sie das stichhaltigste Argument für die Abschaffung?

Ich bin klar für eine Abschaffung der KMU-Steuer und somit für eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz. Von der steuerlichen Entlastung der Unternehmen erhoffe ich mir positive Impulse für die Volkswirtschaft. Es ist gerade nach der Corona-Krise wichtig, die Erholung der Unternehmen und insbesondere der KMU nicht zu gefährden. Wie die Zahlen zum Steueraufkommen zeigen, belastet die Emissionsabgabe die Firmen dann am stärksten, wenn es der Wirtschaft schlecht geht und die Unternehmen, um zu überleben, auf neues Eigenkapital angewiesen sind. Vor diesem Hintergrund erwartet die Eidgenössische Steuerverwaltung nach der Corona-Krise auch 2021 überdurchschnittliche Einnahmen. Solche Abgaben sind demnach volkswirtschaftlich absurd. Firmen sollten Steuern zahlen, wenn sie Gewinne machen, nicht wenn sie in der Krise stecken und um das Überleben kämpfen müssen. Mit der Abschaffung der Abgabe wird das Ungleichgewicht zwischen Eigen- und Fremdfinanzierung beseitigt und die unternehmerische Eigenverantwortung nicht länger bestraft.

 

Unter anderem können durch eine Stärkung des Wirtschaftsraums Schweiz die Arbeitsplätze gesichert und somit eine Abwanderung der Investoren ins Ausland verhindert werden.

 

Dass innovative Start-Ups und Jungunternehmen wachsen können, ist im Interesse der Schweiz, um von neuen Ideen zu profitieren. Dafür sind sie gerade in der Aufbauphase stark auf Kapital angewiesen. Start-ups müssen mit der Emissionsabgabe Geld bezahlen, bevor sie meist auch nur einen Franken Gewinn erzielt haben. Aus diesem Grund und der Zukunft der Schweizer Unternehmen willen spreche ich mich klar für ein Ja am 13. Februar aus. Die Gesetzesänderung ermöglicht Innovationen, fördert die unternehmerische Eigenverantwortung, stärkt die Krisenfestigkeit und entlastet Start-ups.

 

Die Gegner:innen sprechen von einem «Steuerbschiss» und von einem Geschenk an die Grosskonzerne. Können Sie diese Aussage entkräften?

Die Gegnerinnen und Gegner übersehen bei dieser Aussage, dass die von der Emissionsabgabe betroffenen Unternehmen bis zu 90 Prozent KMU’s sind. Diese Steuer vermindert das Eigenkapital, das heisst die Substanz sowie die Autonomie der KMU und schwächt somit den Wirtschaftsstandort Schweiz.

 

Die allermeisten KMU und Startups betrifft die Stempelsteuer nicht: 99,75 Prozent aller Unternehmen haben in den letzten Jahren überhaupt keine Emissionsabgaben bezahlt. Von der Abschaffung der Steuer würden genau also jene profitieren, die eine steuerliche Entlastung nicht nötig hätten: Grosskonzerne, Kapitalbesitzer und die Finanzbranche.

 

In Wahrheit sind 90 Prozent der betroffenen Unternehmen KMU-Betriebe und junge Unternehmen, welche für weitere Investitionen auf eine Eigenkapitalerhöhung angewiesen sind. Mit einer Abschaffung dieser Emissionsabgabe wäre die Finanzierung des weiteren Wachstums solcher Unternehmungen günstiger und attraktiver. Zusätzlich rechnen wir mit einer erhöhten Gründung von Start-Ups, da dies finanziell einfacher zu stemmen wäre. Somit profitieren KMUs und Start-Ups sehr stark davon.

 

Das Referendumskomitee befürchtet, dass bei einer Abschaffung und den damit zusammenhängenden prognostizierten Mindereinnahmen von jährlich 250 Millionen Franken neue Steuern oder Abgaben entstehen könnten. Wie ordnen Sie diese Befürchtung ein?

Die Steuereinnahmen des Staats in der Schweiz betrugen im Jahr 2020 rund 146,1 Milliarden Schweizer Franken. Der größte Teil der Einnahmen entfällt auf den Bund, gefolgt von Kantonen und Gemeinden. Die wichtigsten Steuerarten sind Einkommens-, Gewinn- und Kapitalgewinnsteuern (90,4 Milliarden Schweizer Franken), Steuern auf Waren und Dienstleistungen (39,6 Milliarden Schweizer Franken) sowie Vermögenssteuern (13,7 Milliarden Schweizer Franken). Setzt man also die 250 Millionen Franken ins Verhältnis sind das 0.17 Prozent, dies ist für den Staat verkraftbar und kann mit einem haushälterischen Umgang der vorhandenen Mittel mehr als kompensiert werden. Für das einzelne Unternehmen aber kann die Abgabe über sein oder nicht sein entscheiden.

 

Laut ersten Hochrechnungen kommt die Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben bei den meisten Bürger:innen nicht gut an. Wie versuchen Sie, das Ruder nochmals herumzureissen?

Wichtig ist, nochmals den Aspekt zu betonen, dass nun die richtige Zeit diese besonders schädliche Unternehmenssteuer abzuschaffen gekommen ist. Die Chance für neue Unternehmensgründungen und langanhaltendes Bestehen junger Unternehmen wird dadurch gesichert und der Wirtschaftsstandort Schweiz wird noch attraktiver für Investoren und Unternehmen. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass Investitionen im Inland in Innovation nicht bestraft werden.

 

Quelle: Bodensee Nachrichten, 10.02.2022, Marino Walser

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