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Ständeratswahl: Reüssiert Friedli, wird Götte Nationalrat

Der Weg für Michael Götte nach Bern ist frei: Heisst am Sonntag die neue St.Galler Ständerätin Esther Friedli, ist ihre Nachfolge im Nationalrat nun geklärt

 

Die St.Galler SVP tat sich mit der Frage, wer für Esther Friedli in den Nationalrat nachrücken würde, schwer. Doch nun ist die Ausgangslage geklärt: Michael Götte würde neuer Nationalrat.

Noch nie war die St.Galler SVP ihrem Ziel so nahe. Esther Friedli könnte gelingen, woran eine ganze Reihe prominenter Parteikollegen gescheitert ist: Sie könnte in den Ständerat einziehen. Die Toggenburgerin steckt auch wenige Tage vor dem Wahlsonntag noch voll im Wahlkampf. Ganz anders Barbara Keller-Inhelder. Sie geniesst die Sonne auf Sardinien. Bundesbern ist weit weg. Und das definitiv. «Ich verzichte – mit grossem Vergnügen», erklärt sie auf Anfrage. Die ehemalige Nationalrätin hätte bei einem Wahlsieg Friedlis ein Gratisticket nach Bern gehabt: Sie hätte den Nationalratssitz der Toggenburgerin erben können.

 

Nur 30 Prozent der politischen Arbeit in Bern habe ihr Freude bereitet – «so die Arbeit in der sicherheitspolitischen Kommission», sagt Keller-Inhelder. Und dennoch sei ihr die Entscheidung nicht leicht gefallen. «Seit Monaten kontaktieren und motivieren mich unterschiedliche Persönlichkeiten, mich wieder im Nationalrat zu engagieren.»

 

Barbara Keller-Inhelder, ehemalige St.Galler SVP-Nationalrätin. Bild: Gaëtan Bally/Keystone

Bloss: Es ist kein Geheimnis, dass Keller-Inhelder wenig begeistert vom Berner Parlamentsbetrieb ist. Wenn sie nachrücken würde, dann vor allem, um diesen zu optimieren, hatte sie vor einiger Zeit auf Anfrage erklärt. Keller-Inhelder hatte bereits während ihrer aktiven Zeit in Bern den Parlamentsbetrieb harsch kritisiert. Sie sprach von «Pseudodebatten für die Galerie», von «grossmauligen Reden» und davon, dass es vorwiegend um «Schaukämpfe und Lärm» gehe.

 

Auch erster Ersatz plant keine Rückkehr

Nun hat sie sich entschieden: Es gibt keine Rückkehr nach Bern. Dies gab sie am Dienstag in der «Linthzeitung» bekannt. Auf Anfrage sagt Barbara Keller-Inhelder: Wesentlich mehr Freude als im Nationalrat habe ihr die Arbeit im Kantonsparlament bereitet. 16 Jahre politisierte sie in dem Gremium – und da habe sie auch Michael Götte kennen gelernt. Seine Art, wie er als damaliger Fraktionschef die unterschiedlichen Meinungen abgeholt und um einen Kompromiss gerungen habe, habe ihr gefallen. Daher mache sie für ihn sehr gern den Weg nach Bern frei.

Thomas Müller, ehemaliger St.Galler SVP-Nationalrat. Bild: Michel Canonica

 

Doch: Barbara Keller-Inhelder ist nur zweite Ersatzspielerin. Auf dem ersten Ersatzplatz war in den nationalen Wahlen 2019 Thomas Müller gelandet. Der ehemalige Rorschacher Stadtpräsident und ehemalige FCSG-Präsident – während seiner Zeit holte das Team den Meistertitel – ist heute 70 und hat sich weitgehend aus der Politik zurückgezogen. Das wird auch so bleiben.

 

Er plane kein Revival in Bern, sagt er auf Anfrage. «Ich verzichte, Michi kann nachrücken.» Das sei ideal – für ihn persönlich und für die Region Rorschach, sagt Müller. Michael Götte sei gut vernetzt, kenne die Abläufe – «denn es ist wichtig, auf Augenhöhe mit der Verwaltung zu reden, auch in Bern». Da blitzt durch: Müller hofft, dass sich Götte in Bern für die Region Rorschach und ihre Anliegen stark macht.

 

Götte gibt sich zurückhaltend – seine Antwort ist dennoch klar

«Ich bin froh, dass wir nun eine gute, saubere Ausgangslage haben», sagt Müller abschliessend. Ganz von ungefähr kommt diese Aussage nicht. In den vergangenen Wochen war immer wieder gemunkelt worden, die Partei hege einen «Notfallplan» mit Müller, sie wolle ihn nochmals bis zu den nationalen Wahlen im Herbst nach Bern schicken, falls der Weg für Götte nicht frei werde.

 

Ob Gerücht oder ernsthafter Plan: Offiziell redet darüber niemand. Seit Dienstag sind allfällige Schachzüge eh hinfällig: Thomas Müller, erster Ersatzspieler, und Barbara Keller-Inhelder, zweite Ersatzspielerin, verzichten. Der Weg für Götte nach Bundesbern ist frei. Der Tübacher Gemeindepräsident und langjährige Kantonsrat äussert sich auf Anfrage gewohnt zurückhaltend: Er fokussiere erst einmal auf den Sonntag, «und wenn es am Sonntag gut kommt, können wir uns danach unterhalten».

 

Auch wenn ihm auf die Frage, ob er nachrücke, kein Ja zu entlocken ist, klar ist trotzdem: Wird Friedli am Sonntag Ständerätin, wird Götte Nationalrat. Bei einem früheren Kontakt hatte er verraten: Selbst wenn er nachrücken könnte, würde er sein Leben nicht komplett umstellen – «da es im Herbst bereits darum geht, die Wiederwahl zu schaffen». Erst danach werde er eine Auslegeordnung all seiner bisherigen Aufgaben machen.

 

Arber Bullakaj, IT-Unternehmer und ehemaliger Wiler Stadtparlamentarier. Bild: Ralph Ribi
Bei der SP ist die Frage längst geklärt

Seit Monaten klar ist die Situation bei der SP. Schafft es Barbara Gysi im zweiten Wahlgang am Sonntag, den Ständeratssitz zu verteidigen, rückt für sie Arber Bullakaj, IT-Unternehmer und früherer Wiler Stadtparlamentarier, in den Nationalrat nach.

 

Originalartikel: Tagblatt, 25.04.2023 / Bild: Ralph Ribi

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