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Vielleicht gibt es bald eine neue Nationalrats-WG

So hat der St.Galler Nationalrat Michael Götte seine erste Bundesratswahl erlebt

Beat Jans heisst der Nachfolger von Bundesrat Alain Berset. Für Michael Götte hat die erste Bundesratswahl als St.Galler SVP-Nationalrat viel Neues parat: ausgeräumte Möbel, eine grosse Enttäuschung, die erste Nacht der langen Messer – und ein neues Gerücht.

Für den St.Galler SVP-Nationalrat Michael Götte ist der heutige Mittwoch ein besonderer Tag: Er erlebt seine erste Bundesratswahl als gewählter Nationalrat in Bern. Der Gemeindepräsident von Tübach und ehemalige St.Galler Kantonsrat war im Frühling für Esther Friedli in den Nationalrat nachgerückt, die in den Ständerat wechselte. Für «Die Ostschweiz» lässt er den Wahltag Revue passieren. Der Tag, an dem die Bundesversammlung den Baselstädter Beat Jans zum neuen Bundesrat der SP und Nachfolger von Alain Berset gewählt hat.

 

Michael Götte, Ihre erste Bundesratswahl – wie war’s?

Das war schon speziell. Angefangen bei den Hearings der Kandidaten bis zum heutigen Tag, dem Tag X. Nur schon die Umstände: Ich habe erstmals miterlebt, wie das Bundeshaus nahezu umgebaut wird. Da werden Möbel rausgeräumt, innert Kürze mehrere TV-Studios aufgebaut. Der Aufwand ist eindrücklich.

 

Wie haben Sie sich heute bei dieser Premiere gefühlt?

Es ist ein besonderes Gefühl. Man wird sich der Verantwortung, die man trägt, nochmal sehr bewusst. Die Bundesratswahl bewegt alle, auch in der Bevölkerung. In den vergangenen Wochen gab es kein einziges Gespräch, in dem ich nicht darauf angesprochen wurde. Manchmal geht darob fast vergessen, dass wir uns, beispielsweise mit dem Budget, auch noch mit anderen Themen von grosser Tragweite befassen. Für das Budget konnte ich mehrere Voten abgeben – auch das war wichtig für mich.

 

Wie laufen die Tage und Wochen vor der Wahl ab?

Es wird lobbyiert auf allen Kanälen, von verschiedenen Seiten, für verschiedene Kandidaten. Ich bekam Anrufe, SMS und E-Mails. Manchen Nachrichten merkt man an: Die bekommen alle. Andere sind persönlicher, und man lernt auch noch andere Seiten der Kandidierenden kennen.

 

Hilft das Lobbying beim Entscheid, wen man wählt, oder ist es eher verwirrend?

Beides. Es kann nützlich sein. Doch am Ende ist die politische Haltung der Person entscheidend und nicht, was Lobbyierende erzählen.

 

Haben Sie sich heute an das Bundesratsticket der SP mit der Aufforderung gehalten, Beat Jans oder Jon Pult zu wählen?

Unsere Fraktion hat deutlich gemacht, dass wir auf die Konkordanz setzen. Ich denke, daran haben sich die meisten gehalten. Man darf nicht vergessen: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Auch wenn der Reiz riesig sein kann, «etwas zu machen», darf man nicht vergessen, dass es die Partei später einholen kann. Das hat uns vergangene Woche auch Alt-Nationalrat Toni Brunner noch einmal gesagt. Er hat damit Erfahrung.

 

Das heisst, die zahlreichen Stimmen für Daniel Jositsch aus Zürich kamen nicht von der SVP?

Ich glaube, die kamen ein bisschen von querbeet. Das war keine koordinierte Aktion einer bestimmten Gruppe. Was mich allerdings sehr viel mehr ärgert, ist der Ausgang der Bundeskanzlerwahl. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass Gabriel Lüchinger gewählt wird, der Kandidat unserer Fraktion und ein hervorragender Mann. Dass es nicht geklappt hat, ist eine grosse Enttäuschung.

 

Was erwarten Sie vom neu gewählten Bundesrat Beat Jans?

Dass er einlöst, was er am Hearing versprochen hat. Dass er eine Politik für alle macht. Dass er unter Beweis stellt, dass das alles nicht nur Floskeln waren. Wir haben sehr genau notiert, was er im Hearing gesagt hat, und werden ihn daran messen. Abgesehen davon denke ich, dass er für das Amt gerüstet ist, da er Exekutiverfahrung von seinem Regierungsratsamt in Basel mitbringt.

 

Wie war Ihre erste Nacht der langen Messer?

Wir waren gestern Dienstagabend erst mit Fraktionskollegen und einem ehemaligen Arbeitskollegen im Restaurant Röschtigrabe Znacht essen. Gegen 22 Uhr gingen wir in die Bellevue-Bar. Sie war pumpenvoll. Eine gesunde Mischung aus Politikerinnen und Politikern, Medienleuten und Lobbyierenden.

 

Wird in der Nacht zuvor in der Bellevue-Bar wirklich so viel entschieden?

Es wird durchaus noch taktiert. Auch ich wurde von drei Personen mit konkreten Wahlempfehlungen angegangen. Die betreffenden Kandidierenden wurden regelrecht gepitcht, mit Begründung und allem Drum und Dran. Gegen Mitternacht war ich dann in meinem Hotel.

 

A propos Hotel: In Mike Eggers legendärer Nationalrats-WG werden Zimmer frei. Wollen Sie nicht einziehen?

Das ist tatsächlich ein Thema. Walter Gartmann, Mike Egger und ich werden das noch näher besprechen. Mehr kann ich nicht sagen. Zurzeit beschäftigt mich eher, dass ich neben der Finanzkommission neu in der Finanzdelegation der Bundesversammlung Einsitz nehmen darf, und auch in der Sicherheitskommission.

 

Originalartikel: Tagblatt, 13.12.2023 (Odilia Hiller) Bildmontage: Die Ostschweiz, Bilder: Peter Klaunzer/Keystone, PD

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