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Konstruktive Diskussion zur Vereinbarkeit

Erfahrungsaustausch und wertvolle Anregungen für weitere Schritte in die Zukunft

 

Wo stehen wir heute? Was sind die Bedürfnisse und was braucht es in Zukunft für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Diese Themen wurden am Donnerstag Abend im Nebengebäude des Restaurant Hof in Appenzell anlässlich der öffentlichen Diskussionsveranstaltung auf Einladung der SP AI in konstruktivem Rahmen besprochen, es wurden Erfahrungen ausgetauscht und Massnahmen und Angebote vorgestellt, um für die Zukunft gerüstet zu sein. 

 

Nach der Begrüssung durch Daniela Mittelholzer, Vize-Präsidentin der SP AI übergab Präsident Martin Pfister, nach einer kurzen Einleitung an Michael Götte, der als Leiter kantonale Politik IHK St. Gallen-Appenzell anschaulich aufzeigte, wie sich die Thematik in den letzten Jahren entwickelte und was in Zukunft ansteht.

Auf den ersten Blick mute es wohl seltsam an, dass sich die IHK für soziale Themen wie Familienpolitik einsetze, meinte Götte zum Auftakt. Früher habe man sich weniger damit befasst, und auch er habe sich noch vor einigen Jahren gegen einen Kredit für Kitas ausgesprochen. Doch unterdessen sei klar, dass das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf von grösster Wichtigkeit sei.

 

Familienfreundliche Angebote

 

Seit sechs Jahren ist Götte Leiter kantonale Politik der IHK, in dieser Zeit hat sich viel getan. Denn bald war klar, dass die Ostschweiz in Sachen Familienpolitik noch in den Kinderschuhen steckte, und «man muss die Politik dort wachrütteln, wo sie noch nicht wach ist», führte Götte, selbst dreifacher Familienvater, aus. Es wurde in Zusammenarbeit mit Infras eine ausführliche Studie durchgeführt, Bedürfnisse abgeklärt und im Jahre 2019 hat die IHK Handlungsbedarf und Massnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorgestellt, eine Broschüre sowie einen Kurzleitfaden für KMU erstellt. Denn nicht zuletzt auch im Hinblick auf den akuten Fachkräftemangel seien familienfreundliche Angebote absolut notwendig, und auch die Unternehmer als Arbeitgeber seien gefordert.

 

Im Rahmen dieser Arbeiten seien sie auf den Verein Pro Familia gestossen, anfangs 2022 wurde von der IHK die Pro Familia Ostschweiz gegründet, mit Bruno Eisenhut als Geschäftsführer, um die Themen Mittagstisch, Kita, familienentlastende und schulbegleitende Massnahmen voranzutreiben. Heute sind sie in vorberatender Kommission in Diskussion, 2023 sollen sie in Kraft treten. Denn es braucht einen Ruck, und wichtig ist, dass alle zusammenarbeiten: Familien, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und -nehmerinnen, und der Staat. Mehr über die Arbeit von Pro Familia Ostschweiz erzählte dann Geschäftsführer Bruno Eisenhut. Dabei betonte er, dass sie Wert darauf legten, dass der Vorstand breit aufgestellt sei, mit Vertretenden aus unterschiedlichsten Bereichen und allen Ostschweizer Kantonen. Denn das Thema sei sehr breit gefächert, es gelte die unterschiedlichsten Bedürfnisse zu berücksichtigen. So müssten neue Arbeitsmodelle und Tagesstrukturen geschaffen werden, auch um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Doch während grössere Unternehmen entsprechende Angebote anbieten könnten, fehlten kleineren KMU die Ressourcen dafür. Daher brauche es auch den Input aus der Wirtschaft, es sei wichtig, die Firmen abzuholen und einzubeziehen.

 

Angebot stärken und fördern

 

Mit dem Hinweis auf die Kita-Initiative der SP gab dann Präsident Martin Pfister das Wort an Landammann Roland Dähler weiter. Auch in Appenzell Innerrhoden sei es ein wichtiges Thema, das in regionalen Projekten strategisch verankert werde, um das Angebot zu stärken und zu fördern. Aktuell bestehe mit dem Kinderhort ein super Angebot, das mit drei Standorten rege genutzt und vom Kanton unterstützt werde. So werde nun ein Neubau geprüft, der Boden soll günstig zur Verfügung gestellt werden und er hoffe, dass das Projekt im Herbst in der Standeskommission behandelt werden könne. Konkrete Schritte wurden schon auf das neue Schuljahr hin eingeleitet, mit Blockzeiten am Vormittag ab dem 2. Schuljahr, auch ein Mittagstisch soll mit der Revision der Schulverordnung aufgenommen werden. Es sei wichtig, dass die Schulgemeinden motiviert und unterstützt würden, betont Roland Dähler, daher müsse das Ganze freiwillig sein. Die Schulgemeinden sind aktuell in Abklärung, um die Bedürfnisse zu klären, und er sei gespannt auf das Resultat, fuhr Dähler fort. Die Kosten sollen zu 50% vom Kanton übernommen werden, weitere Unterstützung soll vom Bund erfolgen. Ziel sei, im Jahre 2027 an der Landsgemeinde ein Schulgesetz vorstellen zu können, «das für uns passt».

 

Daneben werden weitere Projekte realisiert, so beispielsweise eine Plattform für Wiedereinsteigerinnen, angestossen vom Volkswirtschafts- und Erziehungsdepartement, auch um der Abwanderung entgegenzuwirken, und die Arbeitskräfte wieder nach Innerrhoden zurückzuholen. Auf die Frage nach der Flexibilisierung von Arbeitszeiten antwortete Dähler, man sei in enger Zusammenarbeit mit Gewerbeverband und HIKA (Handels- und Industriekammer Appenzell Innerrhoden). Denn der Fachkräftemangel sei gross, vor allem in Gastronomie, Pflege, aber auch in Industrie, Handwerk, und sogar in administrativen Berufen, wo man vor drei bis vier Jahren auf eine ausgeschriebene Sachbearbeiter-Stelle rund 30, heute noch eine bis zwei Bewerbungen erhalte. Dähler fragte sich aufgrund der sehr kleinen Beteiligung am Diskussionsabend auch, warum kein Interesse am Anlass bestehe und meinte: «Wenn man etwas will, muss man sich auch engagieren.»

 

Zusammenarbeit, auch überregional

 

In der anschliessenden Diskussion wurde das Angebot des Kinderhortes gelobt, doch auch darauf hingewiesen, dass es in Innerrhoden schwierig sei, sich zu organisieren, wenn man nicht auf die Familie zur Unterstützung zurückgreifen könne. Daher sei Vorsicht geboten mit Bedürfnisabklärungen, man müsse das Angebot schaffen und anbieten und es brauche dann Zeit, bis es wirklich genutzt werde. Daher sei es wichtig, Schulen, Lehrer und Kommissionen einzubeziehen, die Schulgemeinden müssten spüren, dass das Bedürfnis besteht. Denn Innerrhoden soll weiterhin jungen Familien attraktiven Lebensraum bieten und dafür brauche es Angebote. Dafür ist auch die Politik gefordert, denn es ist wichtig, dass alle zusammen arbeiten, auch überregional.

 

Quelle: Appenzeller Volksfreund 2. Juli 2022, Myriam Schaufelberger

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