Nach mehrmonatiger Versuchsphase ist jetzt klar: Die E-Trottinetts der Firma Tier bleiben in den meisten St.Galler Gemeinden am See definitiv bis Ende 2026. Steinach und Tübach fänden es gut, wenn auch Arbon mitmacht. Die Stadt ist jedoch skeptisch.
Die türkisen Trottinetts haben überzeugt. Im September endete die Versuchsphase mit den Elektroscootern der Firma Tier in acht Gemeinden am oberen Bodenseeufer nach über einem Jahr. Nun haben Steinach, Berg, Tübach, Mörschwil, Horn, Goldach, Rorschach und Rorschacherberg beschlossen, bis Ende 2026 mit Tier zusammenzuarbeiten.
Die Gemeinden haben sich miteinander abgesprochen, bestätigt Patrick Trochsler, Gemeindepräsident von Rorschacherberg. «Wir sind der Ansicht, dass das Konzept nur regional Sinn macht.» Anfang Oktober habe deshalb zwischen den Gemeinden ein Austausch über das weitere Vorgehen stattgefunden.
Dass alle Gemeinden mitmachen, sei sehr wichtig, sagt auch Michael Götte. Der Tübacher Gemeindepräsident sieht die Tier-Scooter als gute Ergänzung zum bestehenden ÖV-Angebot in seiner Gemeinde. Um von der Bushaltestelle in einige Quartiere von Tübach zu kommen, sei es teilweise eine weite Strecke. «Mit dem Tier-Angebot können wir vielleicht jemanden motivieren, öffentliche Verkehrsmittel statt das Auto zu nutzen», sagt Götte.
Gemeinden wollen mit Stadt zusammenarbeiten
Dass die Seegemeinden erst einmal befristet bis 2026 mit Tier zusammenarbeiten, habe mit der Stadt St.Gallen zu tun. «Sie vergibt zu diesem Zeitpunkt die Bewilligung an ein E-Scooter-Unternehmen neu. Die Idee wäre, dass sie das dann gemeinsam mit den umliegenden Gemeinden macht», sagt Götte. Ob diese Zusammenarbeit so zustande komme, stehe aber noch in den Sternen.
Seit die türkisen E-Scooter zum Dorfbild einiger Gemeinden gehören, gibt es auch Reklamationen, weil sie zum Teil achtlos mitten auf Gehwegen oder Parkplätzen abgestellt werden. Um dem entgegenzuwirken, werden unter anderem in Tübach nun gewisse Abschnitte in der Tier-App als Abstellfläche gesperrt. Laut Götte bedeutet das, dass Scooter beispielsweise entlang der Steinacher- und der Schulstrasse oder auf unbeleuchteten Wegen ausserorts nicht mehr abgestellt werden können.
Steinach und Tübach wünschen sich Arbon dazu
Theoretisch ist es möglich, mit dem Tier-Trottinett von Rorschacherberg bis Steinach zu fahren. An der Gemeindegrenze zu Arbon ist allerdings Schluss. In der Oberthurgauer Stadt ist das Unternehmen Tier nicht präsent. Der Steinacher Gemeindepräsident Michael Aebisegger würde einen Tier-Pilotversuch in Arbon begrüssen. «Die Nutzung in alle Richtungen ist in Steinach nicht möglich, was sich in den Kennzahlen, zum Beispiel in der Anzahl der zurückgelegten Kilometer, spiegelt.»
Auch Michael Götte aus Tübach findet: «Arbon wäre für das Tier-Scooter-Netz eine gute Ergänzung.» Er glaubt, dass die Trottinetts dort beliebt wären. Die Zahlen aus Rorschach – ebenfalls ein Zentrum am See – zeigten etwa, dass das Tier-Angebot dort «extrem gut» genutzt werde. Gemäss Richard Falk, Rorschacher Stadtschreiber, haben während der rund einjährigen Versuchsphase 3300 Personen aus Rorschach rund 40’000 Kilometer auf Tier-Trottinetts zurückgelegt.
Arbon ist zurückhaltend
Dass Arbonerinnen und Arboner in naher Zukunft Tier-Scooter nutzen können, ist jedoch unwahrscheinlich. Die Stadt sei in der Vergangenheit bereits von E-Scooter-Anbietern kontaktiert worden, sagt der Arboner Kommunikationsverantwortliche Thomas Steccanella. «Allerdings wurden bisher keine Testphasen mit E-Scootern durchgeführt und es sind gegenwärtig auch keine geplant.»
Grund dafür: Bereits jetzt seien E-Scooter aus umliegenden Gemeinden in Arbon zu finden. «Das kann einerseits zu gefährlichen Verkehrssituationen führen, andererseits bedeutet es zusätzlichen Aufwand für den Werkhof.» Deshalb stehe die Stadt Arbon dem Betrieb von E-Scootern zurückhaltend gegenüber.
Auch drei weitere Gemeinden verzichten
Arbon ist nicht die einzige Gemeinde in der Region, die auf Tier-Trottinetts verzichtet. Untereggen, Eggersriet und Thal sind ebenfalls «scooter-frei». Als einzige der drei Gemeinden testete Untereggen die Trottinetts von August bis November 2022. Der Versuch zeigte: Die Scooter wurden zu wenig und vorwiegend für Fahrten innerhalb des Dorfs genutzt. Tier hätte den Betrieb in Untereggen nur weitergeführt, wenn die Gemeinde diesen subventioniert hätte. Darauf verzichtete sie.
In Eggersriet hat es laut Vize-Gemeindepräsident Gerold Hochreutener andere Gründe, dass keine Scooter zu mieten sind. Das Gemeindegebiet sei «sehr weitläufig» und erstrecke sich über Hügel bis zur «Höhe». «Aufgrund der guten ÖV-Anbindung, der grossflächigen Schutzgebiete, der ländlichen Struktur, der Verkehrssicherheit für Fussgänger sowie der möglichen Unfallgefahr durch E-Scooter auf hochfrequentierten Verbindungsstrassen hat der Gemeinderat entschieden, auf eine Zusammenarbeit mit Tier-Mobility zu verzichten.» Weshalb in Thal keine E-Scooter zu mieten sind, beantwortete die Gemeinde bis zum Redaktionsschluss nicht.
Originalartikel: Tagblatt, 02.11.2023 (Judith Schönenberger)