Skip to content

«Es wäre unglaubwürdig, nun auf der grünen Welle zu reiten» – Ostschweizer SVP-Politiker halten wenig von einer Kehrtwende in der Klimafrage

SVP-Politiker aus der Ostschweiz halten wenig von einem Kurswechsel in der Klimadebatte. Sie wollen ihre Positionen besser vermitteln – und warnen davor, die Klimabewegung zu verunglimpfen.

 

 

Klimastreikende verschliessen die Augen, um symbolisch gegen untätige Politiker zu protestieren. (Bild: Andrea Stalder)

 

Minus neun Sitze im Kanton Zürich, minus sieben Sitze im Kanton Luzern. Die SVP wurde in den vergangenen Wochen bei kantonalen Wahlen von einer grünen Welle überrollt. In der Partei fordern deshalb Stimmen einen konstruktiveren Umgang mit der Klimafrage. «Wir sollten uns kein grünes Mäntelchen umhängen. Aber wir müssten Vorschläge zur Senkung des CO2-Ausstosses prüfen und wenn nötig mittragen», sagte Konrad Langhart, der geschasste Präsident der Kantonalzürcher SVP, kürzlich dem «Tages-Anzeiger».

Im Kanton St. Gallen geben sich SVP-Politiker derweil gelassen. Nächste Woche wird die Partei mit der Präsentation ihrer Lis­te offiziell in den Nationalratswahlkampf starten. Michael Götte, Fraktionspräsident und Gemeindepräsident von Tübach, sagt:

«Es wäre unglaubwürdig, nun auf der grünen Welle zu reiten»

Die SVP müsse aufzeigen, wo sie sich konstruktiv in die Klimadebatte eingebracht habe. So habe seine Partei vor acht Jahren die Schaffung der Energieagentur St. Gallen mitgetragen. Die Agentur ­fördert erneuerbare Energien und berät Unternehmen, Behörden und Private in Fragen rund um die Nachhaltigkeit. Götte ­leitet als Vertreter der St. Galler Gemeinden die Geschäftsführung.

Grüner als manch ein Städter

Auch Parteisekretärin Esther Friedli hält nichts von einer Kehrtwende in der Klimafrage, wie ihn etwa die FDP vollziehen will. Die SVP müsse an ihren Kernthemen Europa, Asylpolitik sowie tiefen Steuern festhalten. In Diskussionen müsse man aber noch besser darlegen, dass viele SVPler «grüner» seien als manch ein Grün-Wähler. Die bäuerliche Basis und die ländliche Bevölkerung würden aus Liebe zur Heimat Sorge zur Umwelt tragen. «Wir sind von Haus aus Umweltpraktiker, nicht ideologisch gefärbt», sagt Esther Friedli, die mit ihrem Partner Toni Brunner in Ebnat Kappel den Landgasthof Sonne führt. So sei sie zum letzten Mal vor fünf Jahren mit dem Flugzeug verreist und esse nur saisonales Gemüse aus ihrem Garten.

«Ich kaufe keine Avocados.»

Im Gegensatz zu den Klimastreikenden will Esther Friedli nicht, dass der Staat jedes Detail in der Klimapolitik regelt. «Jeder von uns kann einen Beitrag zum Umweltschutz leisten.» Auch Michael Götte ist gegen einen gesetzlichen Zwang beim Umweltschutz.

Als Bauer vom Klimawandel direkt betroffen

Während der Zürcher SVP-Ständeratskandidat Roger Köppel die Gefahr einer «Umweltdiktatur» beschwört, gibt es auch Parteikollegen, die sich überraschend unverkrampft zum Klimawandel äussern. Zum Beispiel der Thurgauer Kantonsrat und Landwirt Daniel Vetterli, der für den Nationalrat kandidiert.

«Ich bin erstaunt, dass Exponenten der SVP Schweiz zum Klima keine Stellung beziehen wollen.»

Vetterli tingelt zurzeit durch den Kanton und äussert sich an Wahlkampfveranstaltungen allabendlich auch zur Klimapolitik. «Die Leute schätzen sehr, dass ich das Thema anspreche.» Er sei als Bauer direkt betroffen und habe im vergangenen Hitzesommer seine Felder während 1200 Stunden bewässern müssen. Deshalb wisse er: «Den Klimawandel gibt es.»

Mit dem «Hype» der Klimabewegung kann Vetterli jedoch wenig anfangen. «Nur mit Steuern werden wir nichts erreichen – wir müssen uns auch einschränken», mahnt er. Damit spreche er explizit auch die Klima-Demonstranten an, die schon bald wieder mit dem Flugzeug in die Ferien fliegen würden. Darüber hinaus fordert Vetterli eine bessere Förderung der Holzenergie. Zurzeit könnten wegen der gesetzlichen Auflagen kleinere Holzschnitzelanlagen nicht mehr gebaut werden. Und er wünscht sich eine Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke, sofern die Sicherheit gewährleistet sei. «Die Umstellung auf erneuerbare Energien geht nicht so schnell, wie wir uns das erhoffen.»

Kein Angriff auf die Klimabewegung

Auch der abtretende Thurgauer SVP-Nationalrat Markus Hausammann appelliert beim Klimaschutz an die Eigenverantwortung. Neue Gesetze und zusätzliche Abgaben zur Erreichung der Klimaziele lehnt er ab. Bestehende Grenzwerte sollen allerdings laufend an den aktuellen Stand der Technik angepasst werden. Wie die St. Galler SVP-Vertreter hält auch Hausammann nichts davon, auf den fahrenden Klimazug aufzuspringen. «Die Parteileitung soll dazu stehen, dass die Klimafrage nicht ihr Kernthema ist.» Gleichzeitig warnt er davor, die Klimastreikenden anzugreifen.

«Es ist falsch, wenn man versucht, die Bewegung in den Dreck zu ziehen.»

Als staatstragende Partei sei die Thurgauer SVP seit jeher bekannt dafür, moderate Töne anzuschlagen und nicht andere anzuschwärzen.

Quelle: tagblatt.ch | 14.04.2019

Weitere News

An den Anfang scrollen