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Sportlicher Grossanlass in Tübach abgesagt

Inklusionssporttag kollidiert mit Promi-Charity-Lauf in St.Gallen

«Sport und Spass grenzenlos» hätte nach dem Grosserfolg 2018 am 10. September dieses Jahres erneut auf der «Kellen» stattfinden sollen. Weil gleichzeitig der Promi-Charity-Lauf beim Stadtlauf stattfindet, fehlt es in Tübach an Anmeldungen und Helfern. Die Fachstelle Inklusiver Sport St.Gallen zeigt sich überrascht und enttäuscht von der Absage.

 

Vor fünf Jahren, im September 2018, wurde auf der Sportanlage «Kellen» in Tübach der sportliche Grossanlass «Sport und Spass grenzenlos» für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung durchgeführt. 16 Teams massen sich im spielerisch-sportlichen Wettstreit in unterschiedlichen Disziplinen. Promis sowie Menschen mit und ohne Handicap traten gegeneinander an und bauten erfolgreich Schwellen ab.

 

Den Wert des Anlasses unterstrichen zahlreiche Prominente, die als Teamleader fungierten. Etwa Bruno Damann, St.Galler Regierungsrat, Alfred Stricker, Ausserrhoder Regierungsrat, Ex-Handballer Roman Derungs, Markus Gier, früherer Ruder-Olympiasieger und Weltmeister, Behinderten-Spitzensportlerinnen Sandra Graf, Poetry-Slammer Ralph Weibel, Fussball-Legende Marc Zellweger und Kulttrainer Werner Zünd.

 

Durchführung des Anlasses war nicht realistisch
Der damalige Erfolg rief nach einer Wiederholung, denn auch der Zuspruch des Publikums war gross. Das Organisationskomitee unter seinem Präsidenten Michael Götte und der operativen Führung des Rorschacher HPV-Geschäftsführers Marco Dörig machte sich an die Arbeit und traf für den Sonntag, 10. September alle erforderlichen Vorbereitungen für die zweite Auflage von «Sport und Spass grenzenlos».

 

Doch nun mussten die Organisatoren an ihrer letzten Sitzung den Entscheid treffen, den diesjährigen Inklusionssporttag abzusagen. «Wir haben den Stand der Anzahl Anmeldungen der Teilnehmenden sowie des Helferpools analysiert und feststellen müssen, dass eine positive Durchführung unseres Anlasses wie im Jahr 2018 nicht realistisch ist», sagt Michael Götte. Als Gründe für die tiefe Anmeldezahl machen die Organisatoren die Tatsache aus, dass in Sachen Sport und Inklusion in den vergangenen fünf Jahren eine spürbare Entwicklung stattgefunden hat. Es fänden mittlerweile erfreulich viele inklusive Sportanlässe statt.

 

Sinkende Bereitschaft, Freiwilligenarbeit zu leisten
Das professionelle Angebot, auch in verschiedenen Vereinen und Verbänden, sei erheblich gestiegen. Andererseits entspreche der Mangel an Helfenden leider dem aktuellen Zeitgeist, weniger Freiwilligenarbeit zu leisten. Auch werde seitens Kanton die Inklusion stark gepusht, was grundsätzlich sehr positiv sei. «Wir merken, dass sich einige Anlässe konkurrenzieren und, was ja auch schön ist, die Angebotsmenge grösser geworden ist. In unserem Fall hatten wir vor allem weniger Menschen mit Sehbehinderung/Rollstuhl/Hörbeeinträchtigung und die Helferinnen und Helfer fehlten», ergänzt Marco Dörig, Geschäftsführer des HPV Rorschach.

 

Die Vielzahl an Behinderungen war aber laut Dörig Teil des Konzepts:

 

«Schön wäre vor allem gewesen, etwas für Menschen zu machen mit einem höheren Behinderungsgrad.»

 

Laut Michael Götte waren zum Zeitpunkt der Absage 20 beeinträchtigte Sportlerinnen und Sportler angemeldet; verteilt auf 16 Teams sei das zu wenig. 20 Helferinnen und Helfer hätten zugesagt, benötigt würden für den Anlass aber gegen 50. Tübachs Gemeindepräsident bezweifelt, dass das Bedürfnis für den Anlass im kommenden Frühling anders sein wird, als im Herbst. Viele Vereine würden heute selbst bezüglich Inklusion aktiv sein, was grundsätzlich eine sehr schöne Sache sei, allerdings für eine Fülle an Angeboten sorge, was die Durchführung solcher Anlässe nicht einfacher mache.

 

Tübachs Gemeindepräsident Michael Götte. Bild: Michel Canonica

Grundsätzlich stehe er dem Thema inklusive Sport-Anlässe nach wie vor positiv und offen gegenüber, sagt Götte, der nach der Absage in Tübach selbst aktiv beim Charity-Lauf in St.Gallen mitmachen wird. Es stelle sich aber grundsätzlich die Frage, wie es weitergehen solle. Ob die Initianten von «Sport und Spass grenzenlos» den Anlass erneut auf die Beine stellten, sei momentan eher unwahrscheinlich.

 

Unglückliche Datumskollision mit dem Stadtlauf
Lena Thoma von der Fachstelle Inklusiver Sport in St.Gallen würde dies sehr bedauern. Noch zu Beginn dieser Woche habe sie für den Anlass in Tübach Werbung gemacht und sei dann auf die Absage aufmerksam gemacht worden, was sie sehr überrascht habe.

 

«Ich finde ‹Sport und Spass grenzenlos› grossartig und ich bin auch traurig, dass es abgesagt wurde.»

 

Gibt es ein Überangebot von inklusiven Sportanlässen, private Initianten dürften aufgrund der Absage von Tübach zumindest verunsichert sein? «Ich habe nicht den Eindruck, dass es konkurrierende Angebote hat. Im Gegenteil, mit Stand heute hat es noch viel zu wenige Angebote für Menschen mit einer Beeinträchtigung.» Im Fall von Tübach sei es wirklich nur eine unglückliche Datumskollision mit dem Stadtlauf in St.Gallen, wobei «Sport und Spass grenzenlos» bereits vorher im Veranstaltungskalender gewesen sei.

 

Lena Thoma, Koordinationsstelle inklusiver Sport Kanton St.Gallen. Bild: zvg

Durch die Absage in Tübach könnte der Eindruck entstehen, es gäbe zu viele Angebote, es sei aber genau das Gegenteil der Fall. «Meine Vision ist es, dass sich Menschen mit einer Beeinträchtigung bei allen sportlichen Anlässen anmelden können, um daran teilzunehmen.»

 

Nur fünf Veranstaltungen pro Jahr im Kanton
Aktuell gebe es jährlich nur fünf Veranstaltungen im Kanton, die sich so öffnen würden. Es sei nicht zwingend notwendig, etwas Neues auf die Beine zu stellen, es würde schon genügen, so Lena Thoma, bestehende Anlässe für Menschen mit einer Beeinträchtigung zu öffnen und diese Kategorie bewusst auch anzubieten.

 

Die Entwicklung Inklusion im Bereich Sport im Kanton St. Gallen sieht sie grundsätzlich sehr positiv. «Ich bin nun seit acht Monaten als kantonale Koordinatorin inklusiver Sport tätig. In dieser Zeit sind sehr viele Leute auf mich zugekommen, die ihre Anlässe öffnen möchten, was absolut meinem Ziel entspricht, dass sich alle Veranstalter Gedanken darüber machen, wie Menschen mit einer Beeinträchtigung ins Programm aufgenommen werden können.»

 

Originalartikel: Tagblatt, 23.08.2023, (Rudolf Hirtl)

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