Skip to content

Die SVP der Stadt St.Gallen nach dem schlechten Resultat für Michael Götte vom Sonntag: Auf der Suche nach neuen Rezepten

Bei den Regierungswahlen hat der SVP-Kandidat am Wochenende in der Kantonshauptstadt schlecht abgeschnitten. Das ist keine Überraschung: Die grösste Kantonalpartei scheitert seit zwanzig Jahren regelmässig in St.Galler Stadtratswahlen. Ob die Stadt-SVP diesen Herbst ein Rezept dagegen findet? Vielleicht einmal mit einer Kandidatin?

 

Erstmals ist die SVP im Herbst 2000 zu Stadtratswahlen angetreten. Damals verpasste ihr Kandidat Hans M. Richle die Wahl nur um 319 Stimmen. Stadträtin wurde SP-Frau Elisabeth Beéry. Nach dem Achtungserfolg von Richle erwarteten städtische Politbeobachter, dass die SVP, die sich damals im ganzen Kanton im Aufwind befand, über kurz oder lang den Sprung in die Stadtregierung schaffen würde.

 

In Tat und Wahrheit kam in den vergangenen 20 Jahren bei acht Wahlterminen für die städtische Exekutive kein anderer SVP-Kandidat dem Amt näher als Hans M. Richle. Die meisten SVPler schnitten sogar ausgesprochen schlecht ab, landeten jeweils abgeschlagen auf hinteren Plätzen. Und dieses Schicksal blühte nicht nur Aussenseitern, sondern auch gestandenen Politikern wie Karl Güntzel oder Heini Seger.

 

Auch gemässigte SVPler haben keine Chancen
Bürgerliche Parteien haben es in den Schweizer Städten zunehmend schwer. Das gilt seit ein paar Jahren auch in St.Gallen. Viele Städterinnen und Städtern erwarten offenbar von einer links-grünen Politik bessere Lösungen für ihre Probleme.

 

Das Phänomen erklärt sicher einen Teil des regelmässigen Misserfolgs der SVP bei den St.Galler Stadtratswahlen. Wobei auch gemässigte SVP-Kandidaten, wie Michael Götte am Sonntag oder ein Heini Seger bei den Stadtratswahlen 2006, beim städtischen Wahlvolk abblitzen.

 

Der Verdacht liegt nahe, dass diese Ablehnung oft nicht den Kandidaten als Person oder Politiker gilt, sondern einem allgemeinen, durch die nationalen Auftritte der Partei ausgelösten Anti-SVP-Reflex entspringt. Auf der lokalen Ebene erschwert so ein Mechanismus den Wahlkampf unwahrscheinlich: Viele Städterinnen und Städter lassen die SVP und damit auch ihre Argumente zu lokalen oder kantonalen Themen offenbar gar nicht mehr an sich heran.

 

Politik gegen die Interessen der Stadt im Kantonsrat
Dass die SVP in der Wählerschaft gerade der Kantonshauptstadt relativ wenig Sympathien geniesst, hat aber mit Sicherheit auch noch andere Gründe. Ein ganz wichtiger ist, dass sie im Kantonsrat als Partei wahrgenommen wurde und wird, die immer wieder und teils auch ziemlich lautstark gegen die Interessen der Stadt ankämpft.

 

Beispiele dafür finden sich im Bereich der Kultur oder von Infrastrukturbauten. Ebenfalls wenig anfangen können viele Städterinnen und Städter offenbar mit rigorosen SVP-Forderungen in der kantonalen Finanz-, Steuer- und Sozialpolitik. Dies wohl auch darum, weil kantonale Beschlüsse in diesen Bereichen oft Spuren in der Stadtkasse hinterlassen.

 

Im städtischen Wahlherbst kommt die SVP unter Druck
Im St.Galler Stadtparlament spielt die SVP – anders als im Kantonsrat – alles andere als die erste Geige. Mit ihren neun Mandaten liegt sie hinter SP, FDP und CVP, aber vor Grünen und Grünliberalen auf dem vierten Platz. Bei den Wahlen in diesem Herbst dürfte die SVP zusätzlich unter Druck geraten.

 

Sie könnte gemäss dem Trend der National- und Kantonsratswahlen sehr gut auf Platz fünf und damit hinter die Grünen und Jungen Grünen abrutschen. Dass die SVP-Stadtpartei durch diese Aussichten ihre Ambitionen auf einen Stadtratssitz begraben wird, ist unwahrscheinlich. Und es wäre wohl auch wahltaktisch falsch.

 

Wechsel in der Wahltaktik als Erfolgsrezept?
Dass Michael Götte in der Stadt bei den Regierungswahlen am Sonntag aber wirklich nicht berauschend abgeschnitten hat, müsste für die lokale Parteileitung schon ein Wink mit dem Zaunpfahl sein. Für die Stadtratswahlen vom Herbst einfach einen weiteren Stadtparlamentarier oder Kantonsrat auf den Schild zu heben, verspricht nicht wirklich erfolgreich zu sein. Es braucht wohl einen Wechsel in der Taktik.

 

Will die SVP punkten muss sie zuerst einmal einen Wahlkampf führen, der Städterinnen und Städter thematisch berührt. Das sollte dank der Abstimmung über die Marktplatz-Neugestaltung parallel zu den Wahlen diesen Herbst eigentlich machbar sein. Insbesondere, weil die SVP dabei allein gegen alle anderen Parteien für ein Nein einsteht.

 

Eine SVP-Frau für den Stadtrat?
Und dann müsste sich die Stadtpartei wohl auch noch personell etwas überlegen: Seit 2000 haben alle ihre Stadtratskandidaturen beim Wahlvolk nicht verfangen. Alle ihre Männer sind abgeblitzt. Allenfalls wär’s also Zeit, etwas Neues auszuprobieren? Vielleicht müsste man einmal eine Frau aufstellen? Von Karin Winter-Dubs als möglicher Kandidatin wird ja seit Jahren gemunkelt.

 

Quelle: Tagblatt, Reto Voneschen 20.04.20

Weitere News

An den Anfang scrollen