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Auf ein Chäschüechli mit der Weltfussballerin: «Ein gemeinsames Ziel zu haben, ist für Mädels extrem wichtig»

Fussballerin Nadine Kessler musste sich als Mädchen einige Vorurteile gefallen lassen. 2014 wurde sie an der Seite von Cristiano Ronaldo zur Weltfussballerin des Jahres gekürt. Heute kämpft sie als UEFA-Direktorin für Gleichberechtigung auf dem Rasen – und freut sich auf die Frauen-EM 2025 in St.Gallen. Was sie vom knausrigen Bundesrat hält, sagte sie am Donnerstag im Restaurant National.

 

 

Ihr Papa war Präsident eines Fussballclubs in der Nähe von Kaiserslautern, ihre Mama hat aus Spass Fussball gespielt, der Bruder war Fussballer, die Schwester Fan. Nadine Kessler ist in einer fussballverrückten Familie aufgewachsen. «Man liess mir keine Wahl. Ich musste Fussball spielen», sagt sie. Bis sie 16 war, kickte sie nur mit Jungs.

 

Weibliche Fussballvorbilder hatte sie nicht – weil es keine gab. «Das ist kein Sport für Mädchen», hiess es oft. «Das war mir wurscht», sagt Nadine Kessler. «Es gab viele Kommentare, wo ich sagen musste: Hey, ich zeig dir jetzt mal, was ich drauf habe.» Nadine Kessler hat es allen gezeigt.

 

Die Deutsche gehörte zu den besten Mittelfeldspielerinnen der Welt. Mit dem VfL Wolfsburg gewann sie zweimal die Champions League, zweimal den Meistertitel und feierte drei DFB-Pokalsiege. Mit der Nationalelf wurde sie 2013 Europameisterin. 2014 wurde sie zur Weltfussballerin des Jahres gewählt – an der Seite von Cristiano Ronaldo, der die Auszeichnung bei den Männern erhielt. Doch im Alter von 28 Jahren hatte die Leistungssportlerin bereits elf Operationen am Knie hinter sich.

 

2016 trat sie zurück. Heute ist sie UEFA-Direktorin für Frauenfussball. Jetzt sitzt Nadine Kessler im Smoking im Scheinwerferlicht im St.Galler Restaurant Naz, flankiert von den Sportchefs des FC St.Gallens, Roger Stilz und Patricia Willi.

 

«St.Gallen Symposium in Town» hat zum Podium eingeladen. Es duftet nach Chäschüechli. Ein bunt gemischtes Publikum hat sich in der getäferten Beizenstube eingefunden, darunter Nationalrat Michael Götte und Ständerat Beni Würth. Frauen-EM als Vitaminspritze Der Anlass: St.Gallen wird stolzer Austragungsort der Frauenfussball-Europameisterschaft 2025. «Eine grosse, eine wichtige Meisterschaft», sagt SRF-Moderator Michael Rauchenstein und fragt in die Runde: «Wie sieht die Stadt St.Gallen im Juli 2025 aus?» Nadine Kessler sagt: «Voll mit begeisterten Leuten, die ins Stadion ziehen. Es wird eine ausverkaufte Fraueneuro. Das gab’s noch nie!» Sie will nach den Sternen greifen, gleiche Standards für Frauen- wie für Männerteams schaffen.

 

Sportchefin Patricia Willi erzählt von der «Riesenvorfreude» der FCSG-Frauen, die weltbesten Spielerinnen in St.Gallen sehen können. «Diese Vitaminspritze wird uns gut tun», sagt Roger Stilz und erinnert an die Frauen-EM in England vor zwei Jahren, «ein Riesenerfolg». Bundesrat knausert bei Frauen Der Bundesrat hat im Januar jedoch überraschend entschieden, die EM 2025 der Frauen mit gerade mal vier Millionen Franken zu unterstützen. «Was ist das für ein Zeichen?», fragt Rauchenstein.

 

Roger Stilz spricht von einer «verpassten Chance». «Ihr habt ja eine beeindruckende Finanzministerin», sagt Nadine Kessler, die am Symposium an der HSG gerade eben Bundesrätin Karin Keller-Sutter kennen gelernt hat. Dennoch ist Kessler enttäuscht: «Es geht nicht nur um die Zahl. Sondern auch um eine symbolische Wertschätzung. Wir stellen nur wenige Prozent der Mittel, die wir für die Männer-EM bezahlt haben.

 

» Bei der Euro 2008 der Männer in der Schweiz und in Österreich gabs vom Bund noch einen Zustupf von satten 82,5 Millionen Franken. Das Programm des Symposium in Town versprach ein Gespräch über «Gleichstellung und die gesteigerte Sichtbarkeit von Frauen». Es dreht sich aber vor allem um Marketing und Business, eine trockene Angelegenheit. Nach einer Stunde sagt Kessler: «Ich will nicht nur reden. Jetzt will ich auch ein Käseküchlein essen.

 

» Heiteres Gelächter. Ronaldo hätte keine ruhige Minute Im Lokal sitzt auch Marco Löhrer, der die Juniorinnen des FC Rorschach-Goldach trainiert. Er schwärmt vom Optimismus, den Nadine Kessler versprüht. Von ihrem Charisma. Von der positiven Entwicklung, an die geglaubt wird.

 

Doch er hätte gern mehr erfahren über Kesslers früheren Alltag als Profispielerin. «Wenn ein ehemaliger Weltfussballer hier wäre, hätte er keine ruhige Minute», sagt Löhrer. Kaum auszudenken, wie es wäre, wenn Ronaldo jetzt hier im «Naz» wäre. Nadine Kessler hat das Gleiche erreicht wie der portugiesische Superstar. Trotzdem kann sich die 36-Jährige ungestört unter die Leute mischen und ohne Bodyguard Käseküchlein essen.

 

Sie nimmt sich auch Zeit für ein paar Fragen der Lokaljournalistin. Draussen vor der Tür, weil es drinnen zu laut ist. Dass Mädchen öfter als Jungs unter geringem Selbstbewusstsein leiden, gibt ihr zu denken. «Es war mir früher nie bewusst, wie sehr mir mein Sport geholfen hat, das Selbstbewusstsein zu stärken», sagt die Wolfsburgerin. «In einem Team spielen und sich durchsetzen.

 

Sport machen, aktiv sein, sich wohlfühlen, sich mit anderen Menschen auseinandersetzen. Zu argumentieren. Sich nicht zu mögen, sich wieder zu mögen, ein gemeinsames Ziel zu haben – das ist für Mädels extrem wichtig.» Engländerinnen kämpfen für Mädchen Die «Mädels» von heute wüssten ihre Plattform zu nutzen, sagt Kessler und meint damit die Profisportlerinnen. Als die Engländerinnen 2022 Europameisterinnen wurden, schickten sie der britischen Regierung einen Brief.

 

«Wir möchten, dass jedes Mädchen in der Schule die Möglichkeit hat, Fussball zu spielen», schrieben sie. Mit Erfolg: Die Regierung hat daraufhin in den Mädchenfussball investiert. «Ist dies das erste, was man nach einem EM-Titel macht?», fragt Kessler rhetorisch. «Normalerweise nicht. Eine tolle Geschichte, die zeigt, was für Persönlichkeiten wir im Frauenfussball haben.

 

» Kessler hat mit ihrer Ehefrau, UEFA-Funktionärin Emily Shaw, einen 14 Monate alten Sohn, Jordi Leon Kessler. Sie wolle ihm zeigen, dass Frauen Aussergewöhnliches leisten. Dass ein Bub auch Fan von einer Fussballerin sein kann. «Dass Männer Frauen applaudieren können und umgekehrt, und dass es sowieso am besten ist, wenn wir uns alle zujubeln können.» Dann will sie wieder rein an die Wärme.

 

«Ich geh nicht heim ohne noch mindestens ein Käseküchlein.»Fussballerin Nadine Kessler musste sich als Mädchen einige Vorurteile gefallen lassen. 2014 wurde sie an der Seite von Ronaldo zur Weltfussballerin des Jahres gekürt. Heute kämpft sie als UEFA-Direktorin für Gleichberechtigung auf dem Rasen – und freut sich auf die Frauen-EM 2025 in St.Gallen.

 

Was sie vom knausrigen Bundesrat hält, sagte sie am Donnerstag im Restaurant National. St.Gallen Symposium Frauen-EM als Vitaminspritze Bundesrat knausert bei Frauen Ronaldo hätte keine ruhige Minute Engländerinnen kämpfen für Mädchen Melissa Müller St.Gallen Symposium in Town im Restaurant National mit Moderator Michael Rauchenstein (links), Patricia Willi, Co-Sportchefin FCSG-Frauen, Nadine Kessler, Chefin UEFA Frauenfussball und FCSG-Sportchef Roger Stilz. Bild: Arthur Gamsa Bild: Arthur Gamsa «Ich will meinem Sohn zeigen, dass Frauen Aussergewöhnliches leisten»: Nadine Kessler, UEFA-Direktorin für Frauenfussball.

 

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