Halbzeit in Bern: Diese Ostschweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind seit den Wahlen besonders aufgefallen
26 Köpfe politisieren im Bundesparlament für die Ostschweiz. Wer hat in der aktuellen Legislatur die Nase vorn?
Die erste Hälfte ist vorbei. Zwei Jahre liegen die letzten eidgenössischen Wahlen zurück, die nächsten finden im Herbst 2027 statt. Zeit für einen kurzen Rückblick: Welche Ostschweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind in dieser Legislatur bislang besonders aufgefallen?
Neue St.Galler Ära im Ständerat
Für die St.Galler SVP-Politikerin Esther Friedli, die 2023 den Sitz von Paul Rechsteiner (SP) im Ständerat erobert hatte, folgte nach den Wahlen die Bewährungsprobe. Sie verlor keine Zeit: Friedli setzt sich immer wieder durch, etwa in der Asylpolitik oder in Landwirtschaftsthemen. Häufig erzielt sie diese Erfolge im Zweiergespann mit Benedikt Würth (Mitte/SG). Das Duo bringt im Ständerat gezielt Themen aufs Tapet, die den Kanton St.Gallen beschäftigen, jüngst etwa die Zukunft der Mädchensekundarschulen. Klar ist: Die inhaltliche Übereinstimmung der beiden St.Galler Ständeratsmitglieder ist grösser als in der Ära Rechsteiner, sie verfolgen eine bürgerlich-konservative Linie.
Würth bleibt ein politisches Schwergewicht, er gehört zu jener Gruppe einflussreicher und eigenwilliger Mitte-Ständeräte, die auch schon als «Sonderbund» bezeichnet wurde.
An Profil gewonnen hat in den letzten zwei Jahren Jakob Stark. Der Thurgauer SVP-Ständerat nimmt als Präsident der ständerätlichen Finanzkommission eine zentrale Rolle ein. Aufgefallen ist zudem beispielsweise sein Einsatz für Energiethemen, etwa sein Kampf für das Stromgesetz – gegen die eigene Partei.
Generell ist die Ostschweiz an der Spitze der Kommissionen besser vertreten als auch schon. Daniel Fässler (Mitte/AI) präsidiert die Staatspolitische Kommission des Ständerats, Barbara Gysi (SP/SG) die Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats.
Laut einem Ranking der PR-Agentur Burson stehen Fässler und Gysi beim parlamentarischen Einfluss weit vorne. Dasselbe gilt für Andrea Caroni (FDP/AR). Dem Ausserrhoder ist nach den Wahlen der Sprung in die begehrte Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) geglückt, er brachte zudem eine Reihe von Vorstössen durch und hat nun als Ständeratspräsident den Zenith des Parlamentarierlebens erreicht.
Höhere Parteichargen – aber kein Bundesrat Ritter
Die St.Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher rückt an die Spitze ihrer Partei: Sie wird demnächst Co-Präsidentin der FDP Schweiz. Besonders im Fokus stand sie in letzter Zeit mit ihrem Kampf für die Individualbesteuerung – das Bundesparlament sagte Ja, nun zeichnet sich eine Referendumsabstimmung ab.
In der Bundeshausfraktion der Grünen ist Franziska Ryser aufgestiegen – die St.Gallerin ist seit Juni Vizepräsidentin. Als Wirtschaftspolitikerin fiel sie in der Debatte um die Bankenregulierung auf. Ryser war Vizepräsidentin der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zum Fall Credit Suisse.
Ebenfalls im Zentrum seiner Fraktion steht Nicolò Paganini: Der St.Galler ist seit eineinhalb Jahren Gruppenchef der Mitte im Nationalrat. Er gehört zu jenen Ostschweizern, die in letzter Zeit besonders viele persönliche Vorstösse durchgebracht haben. Letzteres gilt im Nationalrat auch für Marcel Dobler (FDP/SG) und Thomas Rechsteiner (Mitte/AI). Nationalräte der Polparteien tun sich schwerer, Mehrheiten zu finden. Gewisse Erfolge erzielten zuletzt Mike Egger (SVP/SG) und Nina Schläfli (SP/TG).
Einen Rückschlag hat Markus Ritter hinter sich, der in Bern als einer der mächtigsten Politiker gilt: Seine Kandidatur für den Bundesrat im vergangenen Frühjahr misslang. Seither konzentriert sich der Bauernpräsident und St.Galler Mitte-Nationalrat wieder auf seine gewohnten Aufgaben.
Schnellstarter unter den Neulingen
Unter den Ostschweizer Neuzugängen im Nationalrat sind drei besonders aufgefallen: Seit Pascal Schmid(SVP/TG) in seiner Partei das Migrationsdossier übernommen hat, ist er zu einer dominanten Stimme in den Asyldebatten geworden. Paroli bietet ihm auf der linken Seite Nina Schläfli. Sie wurde auf Anhieb Vizepräsidentin der Staatspolitischen Kommission, die für Asylfragen zuständig ist. Einen guten Start hat ausserdem Michael Götte (SVP/SG) hinter sich. Er ist bereits Mitglied zweier Kommissionen (Sicherheit und Finanzen), was im Nationalrat selten vorkommt. Zudem gehört er der Finanzdelegation des Parlaments an. Dieses nur sechsköpfige Gremium ist wenig bekannt, hat aber Gewicht – wie sich vor kurzem in der Diskussion um Probleme im Verteidigungsdepartement zeigte.