Herkulesaufgabe in der Sommerhitze: St.Gallen stemmt mit dem Openair und dem Nordostschweizer Schwingfest am selben Tag zwei Grossanlässe
Am letzten Juniwochenende spielt sich das Leben in St.Gallen im Westen der Stadt ab: Während die einen am Sonntag vor der Openair-Bühne tanzen, steigen andere nicht weit entfernt ins Sägemehl und kämpfen um den Sieg am Nordostschweizer Schwingfest. Kommen sich die zwei Grossanlässe nicht in die Quere?
Die Sommerferien können St.Gallerinnen und St.Galler dieses Jahr getrost zu Hause verbringen, teure Reisen müssen keine gebucht werden. Denn: Im Sommer wird St.Gallen zwischenzeitlich zum Hotspot für Grossanlässe. Während das Openair St.Gallen ein Fixpunkt im Kalender ist, kommt die St.Galler Bevölkerung dieses Jahr in den Genuss zweier weiterer Grossveranstaltungen.
Im Juli werden drei Spiele der Frauenfussball-EM im Kybunpark ausgetragen und am Nordostschweizer Schwingfest im Gründenmoos kämpfen die Bösen um den Titel. Letzteres findet am Sonntag, 29. Juni, statt, zeitgleich mit dem letzten Tag des Openairs St.Gallen. Diese Terminüberschneidung sorgt für Probleme. So sucht das Organisationskomitee des Schwingfests weiterhin noch Helferinnen und Helfer. Sind auch andere Gebiete, wie Sicherheit, Verkehr und Bierlieferung, von dieser Terminüberschneidung betroffen? Oder ganz einfach gefragt: Kann St.Gallen gleichzeitig zwei Grossanlässe stemmen?
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Helferinnen und Helfer: Einige fehlen noch fürs Schwingfest
Während das Openair St.Gallen jedes Jahr genug Helferinnen und Helfer ins Sittertobel lockt, hat sich das Nordostschweizer Schwingfest bisher schwergetan, genügend helfende Hände zu finden. Dass das Openair gleichzeitig stattfindet, sei ein Mitgrund gewesen, sagt OK-Präsident des Schwingfests, Michael Götte: «Viele Vereine und Privatpersonen, die normalerweise an solche Grossveranstaltungen wie das NOS helfen kommen, sind stattdessen am Openair. Entweder als Gäste oder ebenfalls als Helferinnen und Helfer.»
Noch fehlen dem Schwingfest rund fünfzig Helfende. «Wenn wir zu wenig Helferinnen und Helfer finden, müssten allenfalls Schichtpläne angepasst werden, oder wir würden Personal via unsere Dienstleister rekrutieren», so Götte. Der OK-Präsident ist aber zuversichtlich, dass sich in den nächsten Wochen noch genügend Helfende anmelden werden.
Das Openair St.Gallen merkt bezüglich Helfersuche nicht, dass gleichzeitig noch ein zweiter Grossanlass durchgeführt wird. «Für einige Ressorts suchen wir zwar noch Helfende, wir sind aber für Anfang Mai sehr gut unterwegs, für die vier Festivaltage genügend zu finden», sagt Nora Fuchs, Kommunikationsverantwortliche des OASG.
Verkehr: Keine signifikant längeren Wartezeiten erwartet
Auch wenn der Heimweg vom OASG nach vier Tagen Party im Sittertobel nicht immer angenehm ist, sollte es bezüglich öffentlichem Verkehr keine Probleme geben. Daran ändert auch die Durchführung des Schwingfests nichts. Carmen Lama, Medienverantwortliche der Verkehrsbetriebe St.Gallen, sagt: «Wir kümmern uns wie jedes Jahr um die Gäste des Openairs und stellen den Transport mit Extrafahrten sicher. Für die An- und Abreise zum Schwingfest sorgen die Veranstalter gemeinsam mit Regiobus.»
Da die zwei Grossanlässe von unterschiedlichen Busunternehmen bedient werden, wird es für die Gäste keine allzu langen Wartezeiten geben. Das bestätigt auch Carmen Hefti von den Schweizerischen Bundesbahnen: «Wir erwarten, dass die gleichzeitige Durchführung des Openairs St.Gallen und des Nordostschweizer Schwingfests keine signifikant längeren Wartezeiten für die Gäste, die mit dem Zug von und nach St.Gallen anreisen, mit sich bringt.» Die Erfahrung zeige, dass sich die Abreise der Besucherinnen und Besucher in der Regel gut verteile, jedoch könne nie ganz ausgeschlossen werden, dass es zu engeren Platzverhältnissen oder Wartezeiten komme.
Extrazüge würden keine eingesetzt, das Fahrplannetz sei bereits sehr dicht, so Hefti. «Allerdings haben wir in Zusammenarbeit mit der Südostbahn und Thurbo beschlossen, diverse S-Bahnen zu verlängern, um genügend Sitzplätze zur Verfügung zu stellen.» Insgesamt rechnen die SBB am Festivalsonntag mit 30’000 Openair-Gästen und 8000 Besucherinnen und Besuchern beim Schwingfest.
Sicherheit: Schwingfest braucht weniger Sicherheitskräfte
Das Nordostschweizer Schwingfest benötigt laut OK-Präsident Götte nicht sehr viel Sicherheitskräfte: «Zwar brauchen wir eine Geländeüberwachung rund um die Uhr, aber es ist weniger Sicherheitspersonal als beim Openair im Einsatz.» An beiden Anlässen werden dieselben Sicherheitsfirmen tätig sein.
Auch die Stadtpolizei St.Gallen schaut dem Wochenende eher entspannt entgegen. Dionys Widmer, stellvertretender Leiter Kommunikation der Stadtpolizei, schreibt auf Anfrage: «Es wird sicherlich einen gewissen Mehraufwand geben, es braucht für die Durchführung aber kein Grossaufgebot der Stadtpolizei.» Bei beiden Veranstaltungen sei von einem friedlichen Verlauf auszugehen. Die Stadtpolizei werde an beiden Orten präsent sein, könne die Doppelbelastung aber gut stemmen, so Widmer.
Bier: Schützengarten ist sich Mehraufwand gewohnt
Während sich am Sonntag die Schwinger im Sägemehlring messen, steigen auch Schützengarten-Mitarbeitende in die Hosen. Denn die St.Galler Brauerei beliefert beide Anlässe mit Bier und anderen Getränken. Kann es also sein, dass Schützengarten an diesem Wochenende nicht nachkommt und an einem der beiden Events das Bier ausgeht? Roger Tanner, Leiter Marketing, sagt: «Nein, das wird nicht passieren. Wir sind gut vorbereitet und verfügen über eine leistungsfähige Bier- und Getränkelogistik.»
Die Brauerei Schützengarten sei sich gewohnt, an Wochenenden mehrere Veranstaltungen parallel zu betreuen, trotzdem bedeute es einen Mehraufwand. Tanner sagt aber: «Wir sind stolz darauf, beide Anlässe als Partner und Getränkelieferant bedienen zu dürfen.» Wie viel Bier an diesem Tag getrunken wird, kann Tanner nicht sagen, denn auch das Wetter hat grossen Einfluss auf den Getränkekonsum.
Gäste: Für jeden ist etwas dabei
Der Vorteil von zwei Grossanlässen, die gleichzeitig über die Bühne gehen: Es ist für alle etwas dabei. Während einige am Sonntag im Sittertobel vor der Bühne der Musik lauschen, nehmen andere nicht weit entfernt auf den Zuschauerbänken im Gründenmoos Platz und schauen den Bösen bei der Arbeit zu. Das Duell heisst: Orlik gegen Giger. Auch so lässt sich ein Sonntag verbringen.
Michael Götte sagt: «Das Zielpublikum ist zum Glück nicht dasselbe. Zwar gibt es einzelne Überschneidungen, denn auch ich gehe gerne ans Openair, aber die beiden Anlässe gehen gut aneinander vorbei.» Auch laut Nora Fuchs vom OASG sei es sicher ein Vorteil, dass die beiden Anlässe nicht dieselbe Bevölkerungsgruppe ansprechen: «Es ist einfach schön zu sehen, dass St.Gallen im Sommer Austragungsort von so vielen verschiedenen Events ist.»
Das Schwingfest-OK habe sich lange Gedanken gemacht, ob es Sinn ergebe, das NOS gleichzeitig mit dem Openair durchzuführen. Am Ende habe auch der Schwingkalender vorgegeben, wann das Fest stattfinden soll. Eine Woche später hätte das NOS gleichzeitig mit der Frauen-EM stattgefunden. Götte sagt: «Das hätte den noch grösseren organisatorischen Knatsch gegeben.»
Klar ist, wenn Zehntausende am letzten Sonntag im Juni ins Sittertobel oder Gründenmoos pilgern, kommen Sport- und Musikbegeisterte sicher nicht zu kurz. Und die Organisationskomitees des Openairs und des Nordostschweizer Schwingfests wollen zeigen: St.Gallen kann gleichzeitig zwei Grossanlässe stemmen.